5A_798/2013: Unterhaltsberechnung; Berücksichtigung einer Sparquote (amtl. Publ.)

In einem aktuellen Urteil fasst das Bun­des­gericht seine Recht­sprechung zur Berech­nung von Unter­halts­beiträ­gen zusam­men (E. 3.3) und hebt den Entscheid der Vorin­stanz auf, welche den Grund­sätzen zur Berech­nung des ehe­lichen Bedarfs nach Aufhe­bung des gemein­samen Haushalts „in unhalt­bar­er Weise“ nicht Rech­nung getra­gen (E. 3.5) und den zuge­sproch­enen Unter­halts­beitrag „offen­sichtlich unhalt­bar“ berech­net (E. 4.5) hatte.

Im vor­liegen­den Fall ging es um den gebühren­den Unter­halt sowohl der Ehe­gat­tin als auch der Kinder, für dessen Berech­nung das Gesetz keine bes­timmten Berech­nungsmeth­o­d­en vorschreibt:

3.3. […] Aus­gangspunkt ist indes der gebührende Unter­halt der unter­halts­berechtigten Per­son, auf den sie bei genü­gen­den Mit­teln Anspruch hat. Der Unter­halts­beiträge beanspruchende Ehe­gat­te muss sich sodann anrech­nen lassen, was er mit eige­nen Einkün­ften sel­ber zu deck­en in der Lage ist (sog. “Eigen­ver­sorgungska­paz­ität”). Verbleibt eine Dif­ferenz, wird der Unter­halts­beitrag nach Mass­gabe der Leis­tungs­fähigkeit der unter­haltsverpflichteten Per­son fest­ge­set­zt. Der so ermit­telte Beitrag stellt die Ober­gren­ze des Unter­halt­sanspruchs dar.
Aus den soeben dargelegten Grund­sätzen fol­gt, dass der jew­eilige Bedarf grund­sät­zlich konkret, das heisst, anhand der tat­säch­lich getätigten Aus­gaben zu ermit­teln ist (vgl. für den nachehe­lichen Unter­halt im Sinne von Art. 125 ZGB: BGE 134 III 145 E. 4 S. 146 f.).

Diese Grund­sätze wur­den von der bun­des­gerichtlichen Recht­sprechung präzisiert, wonach es wed­er vom Ermessen des Sachrichters noch von Bil­ligkeits­gesicht­spunk­ten abhängt, ob eine Spar­quote zu berück­sichti­gen ist oder nicht:

3.3. [Festzuhal­ten ist, dass] die Meth­ode der Exis­tenzmin­i­mums­berech­nung mit (allfäl­liger) Über­schussverteilung (auch zweistu­fige Meth­ode genan­nt) jeden­falls dann zuläs­sige Ergeb­nisse ges­tat­te, wenn die Ehe­gat­ten — gegebe­nen­falls trotz guter finanzieller Ver­hält­nisse — nichts anges­part haben oder aber die bish­erige Spar­quote durch die tren­nungs­be­d­ingten Mehrkosten aufge­braucht wird (BGE 137 III 102 E. 4.2.1.1 S. 106 f.; 134 III 577 E. 3 S. 578). 

Der Unter­haltss­chuld­ner, der eine Spar­quote behauptet,
trägt hiefür die Behaup­tungs- und Beweislast:

3.3 […] Dass der Sachrichter den
Sachver­halt von Amtes wegen festzustellen (Art. 277 Abs. 3 ZPO) oder
gegebe­nen­falls zu erforschen hat (Art. 296 ZPO), enthebt den
Unter­haltss­chuld­ner zwar von der sub­jek­tiv­en Beweis­last oder
Bewe­is­führungslast, ändert aber nichts an sein­er Mitwirkungspflicht,
auf­grund der­er die Spar­quote behauptet, bez­if­fert und soweit möglich
belegt wer­den muss (vgl. dazu: BGE 130 I 180 E. 3.2 S. 183 f.; 128 III
411 E. 3.2.1 S. 413 […].
Es han­delt sich um einen klaren Rechts­grund­satz, dessen Mis­sach­tung Willkür in der
Recht­san­wen­dung darstellt
(zum Begriff vgl. BGE 140 III 16 E. 2.1; 138 I 49 E. 7.1.

Die kan­tonalen Instanzen waren hier trotz des über­durch­schnit­tlichen Einkom­mens des Beschw­erdegeg­n­ers nicht bzw. nicht auss­chliesslich von der konkreten Leben­shal­tung zur Ermit­tlung des Unter­halts­be­darfs aus­ge­gan­gen, son­dern hat­ten sich der Meth­ode des um gewisse Posi­tio­nen erweit­erten Exis­tenzmin­i­mums mit Über­schussverteilung bedient:

3.5.2. Wird indes die Leben­shal­tung nicht konkret berech­net, son­dern auf die vor­ge­nan­nte Meth­ode zurück­ge­grif­f­en, erweckt allein schon die Berück­sich­ti­gung ein­er ange­blichen Spar­quote im Lichte von Art. 9 BV Bedenken: Es ver­mag angesichts der aufgezeigten Grund­sätze nicht einzuleucht­en, inwiefern aus einem nicht konkret berech­neten Bedarf des Haushalts während des gemein­samen Zusam­men­lebens bzw. der bei­den Haushalte nach Aufhe­bung des gemein­samen ehe­lichen Haushaltes auf eine konkrete Spar­quote geschlossen wer­den kann. Ein über­durch­schnit­tlich­es Einkom­men kann höch­stens ein Indiz sein dafür, dass eine Spar­quote verbleiben sollte. Mit Blick auf die Ver­hält­nisse des konkreten Fall­es ist dies jedoch keines­falls zwingend […].

Um auf eine Spar­quote schliessen zu kön­nen, braucht es somit mehr als die Angabe zur Höhe des Einkom­mens des Unter­haltss­chuld­ners, aber es liess sich den Akten nicht ent­nehmen, dass der Beschw­erdegeg­n­er die von der Vorin­stanz angenommene Spar­quote bez­if­fert und belegt hätte.

3.5.3 […] Das Oberg­ericht hat auf der Grund­lage der fest­gestell­ten Tat­sachen — die Höhe des Einkom­mens des Beschw­erdegeg­n­ers — eine unhalt­bare Schlussfol­gerung — näm­lich das Vorhan­den­sein ein­er Spar­quote — gezo­gen, und ist damit bei der Sachver­halts­fest­stel­lung in Willkür ver­fall­en. Damit erweist sich auch der Abzug ein­er wed­er dem Grund­satz nach noch betragsmäs­sig glaub­haft gemacht­en Spar­quote von einem anhand der zweistu­fi­gen Meth­ode errech­neten Über­schuss als willkür­lich.