Im zur Publikation vorgesehenen Entscheid vom 8. Oktober 2014 befasst sich das BGer mit der Frage, ob Art. 37a RPG (Raumplanungsgesetz, SR 700) die Umwandlung von Gewerbe- in Wohnraum gestatte. Im Jahr 1988 erwarb A. (späterer Beschwerdeführer) zwei Parzellen in der Gemeinde Mels (spätere Beschwerdegegnerin). Auf einer dieser Parzellen wurde im Zeitpunkt des Erwerbs eine Sägerei betrieben, die A. während über zehn Jahren weiterführte und danach in eine Schnitzereiwerkstatt umwandelte. Zwei Jahre nach Beginn der Umbauarbeiten reichte A. ein Gesuch ein, die Umnutzung des Sägereigebäudes als Schnitzereiwerkstätte zu bewilligen. Im Rahmen der Besichtigung stellte die Schätzungskommission der Gemeinde Mels fest, dass A. mit dem Einbau von zwei Ferienwohnungen beschäftigt war, worauf der Gemeinderat die nachträgliche Baubewilligung verweigerte und den Rückbau anordnete. Nachdem sowohl das Baudepartement des Kantons St. Gallen als auch das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen die Beschwerde von A. abwiesen, gelangte dieser an das BGer, welches den Entscheid der Vorinstanz stützt.
Im Zentrum des Entscheids steht die Frage, ob das Baugesuch von A. in Anwendung von Art. 37a RPG hätte bewilligt werden können. In diesem Zusammenhang ruft das BGer den Inhalt der Bestimmung in Erinnerung und führt aus, dass der Bundesrat gemäss Art. 37a RPG regle, unter welchen Voraussetzungen Zweckänderungen gewerblich genutzter Bauten und Anlagen zulässig sind, die vor dem 1. Januar 1980 erstellt wurden oder seither als Folge von Änderungen der Nutzungspläne zonenwidrig geworden seien. Als Ausführungsnorm zu Art. 37a RPG habe der Bundesrat Art. 43 RPV (Raumplanungsverordnung, SR 700.1) erlassen, welcher für Zweckänderungen und Erweiterungen von zonenwidrig gewordenen gewerblichen Bauten und Anlagen folgende Voraussetzungen nenne:
- Die Baute oder Anlage wurde rechtmässig erstellt oder geändert;
- Es entstehen keine wesentlichen neuen Auswirkungen auf Raum und Umwelt;
- Die neue Nutzung ist nach keinem anderen Bundeserlass unzulässig.
Das BGer sei in älteren Entscheiden davon ausgegangen, dass Art. 37a RPG und Art. 43 RPV bei gewerblichen Bauten vollständige Zweckänderungen erlauben würden. Ob die Bestimmungen eine Umwandlung von Gewerbe- in Wohnraum gestatten, habe das BGer jedoch offengelassen (vgl. Urteil 1A.186/2004 vom 12. Mai 2005 E. 2.5 und E. 5.3). Im konkreten Fall sprächen laut BGer aber sowohl historische als auch systematische Gründe gegen die Zulässigkeit der Umwandlung von Gewerbe- in Wohnraum gestützt auf Art. 37a RPG:
[…] der Gesetzgeber habe mit Art. 37a RPG den bestehenden Gewerbebetrieben ausserhalb der Gewerbezone die nötige Flexibilität für Modernisierungen und Umstrukturierungen einräumen wollen, um deren Konkurrenzfähigkeit zu sichern und eine Fortführung des Betriebs durch die nächste Generation zu ermöglichen; Art. 37a RPG bezwecke somit die Erhaltung von Gewerbebetrieben ausserhalb der Bauzonen […]. Solche Nutzungsänderungen sollten jedoch nicht gemäss dem Grundsatz ‘Gewerbe bleibt Gewerbe’ schrankenlos zugelassen werden, was Bundesrat Koller in seinen Ausführungen vor dem Nationalrat seinerzeit deutlich machte und auch in den Erläuterungen des ARE zu Art. 43 RPV zum Ausdruck kommt. Demnach überträgt Art. 37a RPG als Delegationsnorm dem Bundesrat die Aufgabe, die grundsätzlich zugelassene Umnutzung zu anderen gewerblichen Zwecken einzuschränken. Jedenfalls ausgeschlossen ist jedoch die vollständige Umnutzung einer Gewerbebaute zu Wohnzwecken. Die Baute würde dadurch ihren gewerblichen Charakter verlieren […], was der Zwecksetzung von Art. 37a RPG zuwiderlaufen und damit den dem Bundesrat eröffneten Gestaltungsspielraum dieser Delegationsnorm überschreiten würde (E. 2.7).
In systematischer Hinsicht sei laut BGer zu berücksichtigen, dass Art. 37a RPG im Zusammenhang mit den Regelungen der erleichterten Ausnahmebewilligungen für Bauten ausserhalb der Bauzone gemäss Art. 24a‑d RPG zu verstehen sei. Die Zulassung der vollständigen Umnutzung von zonenwidrigen Gewerbebauten zu Wohnzwecken würde zu einer grundlosen Privilegierung von altrechtlichen Gewerbebauten gegenüber landwirtschaftlichen Ökonomiegebäuden führen.