5A_104/2014: Vertrauensschutz greift trotz unrichtiger Rechtsmittelbelehrung nicht, da der Fehler durch Konsultation der massgeblichen Gesetzesbestimmungen erkennbar gewesen wäre

Der Juge de paix des Bezirkes Morges verneinte die Wirk­samkeit der Auss­chla­gungserk­lärung der Erbin A.X. und ver­sah seinen Entscheid mit ein­er unrichti­gen Rechtsmit­tel­belehrung (dreis­sig statt zehn Tage). Auf die vom Rechtsvertreter innert dreis­sig Tagen ein­gere­ichte Beschw­erde trat die Beru­fungsin­stanz auf­grund des Fristver­säum­niss­es nicht ein.

Vor dem Hin­ter­grund der unrichti­gen Rechtsmit­tel­belehrung berief sich A.X. vor Bun­des­gericht auf den Grund­satz von Treu und Glauben. Das Bun­des­gericht bestätigt seine bish­erige Recht­sprechung, wonach den Parteien keine Nachteile aus ein­er unrichti­gen Rechtsmit­tel­belehrung erwach­sen dür­fen. Gut­glaubenss­chutz geniesse allerd­ing nur, wer die unrichtige Rechtsmit­tel­belehrung bei Anwen­dung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt nicht habe erken­nen kön­nen. Der mass­ge­bliche Sorgfalts­massstab bes­timme sich dabei nach den konkreten Umstän­den und den Rechtsken­nt­nis­sen der involvierten Parteien. Der Sorgfalts­massstab für Anwälte werde höher ange­set­zt, wobei das Bun­des­gericht eine “Grobkon­trolle” ver­langt (E. 3.3).

Das Bun­des­gericht führte aus:

3.3. […] Seule une nég­li­gence procé­du­rale grossière peut faire échec à la pro­tec­tion de la  bonne foi. Celle-ci cesse unique­ment si une par­tie ou son avo­cat aurait pu se ren­dre compte de l’inex­ac­ti­tude de l’indi­ca­tion des voies de droit en lisant sim­ple­ment la lég­is­la­tion applic­a­ble. En revanche, il n’est pas atten­du d’eux qu’outre les textes de loi, ils con­sul­tent encore la jurispru­dence ou la doc­trine y rel­a­tives. Déter­min­er si la nég­li­gence com­mise est grossière s’ap­pré­cie selon les cir­con­stances con­crètes et les con­nais­sances juridiques de la per­son­ne en cause. Les exi­gences envers les avo­cats sont naturelle­ment plus élevées: on attend dans tous les cas de ces derniers qu’ils procè­dent à un con­trôle som­maire (“Grobkon­trolle”) des indi­ca­tions sur la voie de droit […]. (E. 3.3, Her­vorhe­bun­gen hinzugefügt)

Im vor­liegen­den Fall hielt das Bun­des­gericht fest, dass nach ständi­ger Recht­sprechung die Auss­chla­gung eine Angele­gen­heit der frei­willi­gen Gerichts­barkeit sei. Gemäss Art. 248 lit. e ZPO komme auf die frei­willige Gerichts­barkeit das sum­marische Ver­fahren zur Anwen­dung und entsprechend gelte gestützt auf Art. 321 Abs. 2 ZPO die zehn­tätige Beschw­erde­frist (E. 3.4). Der Charak­ter der Auss­chla­gungserk­lärung als Akt der frei­willi­gen Gerichts­bakeit gehe überdies auch aus dem kan­tonalen Recht her­vor. Gemäss Bun­des­gericht hätte vor­liegend ein Blick in das kan­tonale Recht und die ZPO genügt, um die fehler­hafte Rechtsmit­tel­belehrung zu erken­nen. Das Ver­trauen in die unrichtige Rechtsmit­tel­belehrung wurde nicht geschützt und die Beschw­erde abgewiesen (E. 3.5 und 4).