5A_334/2014: Namensänderung minderjähriger Kinder nach Scheidung der Eltern; geänd. Rspr. zum neuen Namensrecht (amtl. Publ.)

In einem aktuellen Entscheid äussert sich das Bun­des­gericht erneut zur Frage, unter welchen Voraus­set­zun­gen der Nach­name eines min­der­jähri­gen Kindes in den Ledig­na­men der Mut­ter abgeän­dert wer­den kann, den diese nach der Schei­dung vom Kinds­vater wieder angenom­men hat. Soweit ersichtlich han­delt es sich aber um das erste höch­strichter­liche Urteil zum neuen Namensrecht.

Ein­gangs hält das Bun­des­gericht fest, dass das Recht auf den Namen bzw. dessen Änderung zu den (rel­a­tiv) höch­st­per­sön­lichen Recht­en gehört, weshalb urteils­fähige hand­lung­sun­fähige Per­so­n­en dieses Recht gemäss Art. 19c Abs. 1 ZGB selb­ständig ausüben. Dabei kann das Gesuch um Namen­sän­derung nicht von der Volljährigkeit bzw. Hand­lungs­fähigkeit (Art. 13 ZGB) abhängig gemacht wer­den. Insoweit ist allein die Urteils­fähigkeit entschei­dend. Für das urteil­sun­fähige Kind kann das Gesuch um Namen­sän­derung vom geset­zlichen Vertreter gestellt werden.

Der bürg­er­liche Name ein­er Per­son ist, wie das Bun­des­gericht weit­er aus­führt, grund­sät­zlich unverän­der­lich. Nach bish­eri­gen Recht waren “wichtige Gründe” für eine
Namen­sän­derung nachzuweisen (Art. 30 Abs. 1 altZGB). Nach der
Recht­sprechung zur früheren Geset­zes­fas­sung ver­mochte die blosse
Wieder­her­stel­lung der Namen­si­d­en­tität zwis­chen Kind und
sorge­berechtigter Mut­ter eine Namen­sän­derung nicht zu rechtfertigen.

Am 1. Jan­u­ar 2013 ist die Revi­sion zum Namen­srecht in Kraft getreten. Ein­er­seits beste­ht für bes­timmte fam­i­lien­rechtliche Kon­stel­la­tio­nen (vgl. Art. 270 Abs. 2, Art. 270a Abs. 2, Art. 8a SchlT ZGB) sei­ther die voraus­set­zungslose Möglichkeit zur Namen­sän­derung. Und ander­er­seits kann die Regierung des Wohn­sitzkan­tons nun eine Namen­sän­derung bewil­li­gen, wenn „acht­enswerte Gründe“ vor­liegen (Art. 30 Abs. 1 ZGB). Das ist eine Ermessens­frage, die von der zuständi­gen Behörde nach Recht und Bil­ligkeit zu beant­worten ist (Art. 4 ZGB).

In der Lehre ist die Ausle­gung des neuen Art. 30 Abs. 1 ZGB strit­tig. Nach ein­er Auf­fas­sung ergibt sich aus dem Umstand, dass ein Kind beim sorge­berechtigten Eltern­teil mit anderem Namen aufwächst, seit der Reform des Namen­srecht­es von Ehe­gat­ten kein Nachteil mehr, denn sei­ther führen selb­st Kinder ver­heirateter Eltern einen Namen, der sich von jen­em des Vaters oder der Mut­ter unter­schei­det. Die Namen­sän­derung sei daher weit­er­hin zurück­hal­tend und unter Berück­sich­ti­gung des Kindesin­ter­ess­es zu bewil­li­gen. Nach ander­er Mei­n­ung ist die Bes­tim­mung auch in diesem Zusam­men­hang grosszügig zu inter­pretieren, indem Gründe als acht­enswert gel­ten, wenn sie als “nicht belan­g­los” erscheinen. Die Gründe müssten also eine “gewisse Schwere” erre­ichen.

Das Bun­des­gericht beruft sich auf die Entste­hungs­geschichte des neuen Art. 30 Abs. 1 ZGB. Aus den Geset­zes­ma­te­ri­alien geht her­vor, dass für die “acht­enswerten Gründe” (anders als bish­er bzgl. “wichti­gen Grün­den”) zur Namen­sän­derung des Kindes nicht mehr voraus­ge­set­zt wer­den kann, dass sein Name zu konkreten und ern­sthaften sozialen Nachteilen führt. Das nachgewiesene Bedürf­nis ein­er Übere­in­stim­mung des Namens des Kindes mit dem­jeni­gen des Inhab­ers der elter­lichen Sorge kann grund­sät­zlich einen solchen “acht­enswerten Grund” darstellen. Allerd­ings ist im jew­eili­gen Fall eine sorgfältige Abklärung der Umstände vorzunehmen, da die Namen­sän­derung eine weit­ere Tren­nung vom anderen Eltern­teil bewirken und das Kindesin­ter­esse bein­trächti­gen kann.