In einem aktuellen Entscheid äussert sich das Bundesgericht erneut zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Nachname eines minderjährigen Kindes in den Ledignamen der Mutter abgeändert werden kann, den diese nach der Scheidung vom Kindsvater wieder angenommen hat. Soweit ersichtlich handelt es sich aber um das erste höchstrichterliche Urteil zum neuen Namensrecht.
Eingangs hält das Bundesgericht fest, dass das Recht auf den Namen bzw. dessen Änderung zu den (relativ) höchstpersönlichen Rechten gehört, weshalb urteilsfähige handlungsunfähige Personen dieses Recht gemäss Art. 19c Abs. 1 ZGB selbständig ausüben. Dabei kann das Gesuch um Namensänderung nicht von der Volljährigkeit bzw. Handlungsfähigkeit (Art. 13 ZGB) abhängig gemacht werden. Insoweit ist allein die Urteilsfähigkeit entscheidend. Für das urteilsunfähige Kind kann das Gesuch um Namensänderung vom gesetzlichen Vertreter gestellt werden.
Der bürgerliche Name einer Person ist, wie das Bundesgericht weiter ausführt, grundsätzlich unveränderlich. Nach bisherigen Recht waren “wichtige Gründe” für eine
Namensänderung nachzuweisen (Art. 30 Abs. 1 altZGB). Nach der
Rechtsprechung zur früheren Gesetzesfassung vermochte die blosse
Wiederherstellung der Namensidentität zwischen Kind und
sorgeberechtigter Mutter eine Namensänderung nicht zu rechtfertigen.
Am 1. Januar 2013 ist die Revision zum Namensrecht in Kraft getreten. Einerseits besteht für bestimmte familienrechtliche Konstellationen (vgl. Art. 270 Abs. 2, Art. 270a Abs. 2, Art. 8a SchlT ZGB) seither die voraussetzungslose Möglichkeit zur Namensänderung. Und andererseits kann die Regierung des Wohnsitzkantons nun eine Namensänderung bewilligen, wenn „achtenswerte Gründe“ vorliegen (Art. 30 Abs. 1 ZGB). Das ist eine Ermessensfrage, die von der zuständigen Behörde nach Recht und Billigkeit zu beantworten ist (Art. 4 ZGB).
In der Lehre ist die Auslegung des neuen Art. 30 Abs. 1 ZGB strittig. Nach einer Auffassung ergibt sich aus dem Umstand, dass ein Kind beim sorgeberechtigten Elternteil mit anderem Namen aufwächst, seit der Reform des Namensrechtes von Ehegatten kein Nachteil mehr, denn seither führen selbst Kinder verheirateter Eltern einen Namen, der sich von jenem des Vaters oder der Mutter unterscheidet. Die Namensänderung sei daher weiterhin zurückhaltend und unter Berücksichtigung des Kindesinteresses zu bewilligen. Nach anderer Meinung ist die Bestimmung auch in diesem Zusammenhang grosszügig zu interpretieren, indem Gründe als achtenswert gelten, wenn sie als “nicht belanglos” erscheinen. Die Gründe müssten also eine “gewisse Schwere” erreichen.
Das Bundesgericht beruft sich auf die Entstehungsgeschichte des neuen Art. 30 Abs. 1 ZGB. Aus den Gesetzesmaterialien geht hervor, dass für die “achtenswerten Gründe” (anders als bisher bzgl. “wichtigen Gründen”) zur Namensänderung des Kindes nicht mehr vorausgesetzt werden kann, dass sein Name zu konkreten und ernsthaften sozialen Nachteilen führt. Das nachgewiesene Bedürfnis einer Übereinstimmung des Namens des Kindes mit demjenigen des Inhabers der elterlichen Sorge kann grundsätzlich einen solchen “achtenswerten Grund” darstellen. Allerdings ist im jeweiligen Fall eine sorgfältige Abklärung der Umstände vorzunehmen, da die Namensänderung eine weitere Trennung vom anderen Elternteil bewirken und das Kindesinteresse beinträchtigen kann.