Im Entscheid 4A_636/2014 vom 16. März 2015 befasste sich das Bundesgericht mit der Frage, ob ein Schiedsgericht den Grundsatz der Gleichbehandlung missachtet, wenn es eine verspätet eingereichte Eingabe einer Partei berücksichtigt.
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Die Beschwerdeführerin warf dem Schiedsgericht vor, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Parteien missachtet zu haben (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG). Sie sah eine Ungleichbehandlung darin begründet, dass das Schiedsgericht die Kostennote der Beschwerdegegnerin berücksichtigt habe, obwohl diese erst am 17. Januar 2014 und damit vier Tage nach dem gemäss überarbeitetem Zeitplan vorgesehenen Termin vom 13. Januar 2014 eingereicht worden sei. Der Vorsitzende habe die Beschwerdegegnerin mit E‑Mail vom 16. Januar 2014 auf den Ablauf der Frist aufmerksam gemacht und sie aufgefordert, ihre Kostennote nachzureichen.
Die Beschwerdeführerin habe die verspätete Eingabe durch die Beschwerdegegnerin im Schiedsverfahren umgehend gerügt und habe darauf aufmerksam gemacht, dass ein Verstoss gegen die Schiedsordnung vorliege. Das Schiedsgericht habe die verspätete Kostennote dennoch zugelassen, sich in seinem Entscheid über die Höhe der Parteientschädigung auf die zu spät eingereichte Kostennote gestützt und die Beschwerdeführerin zu einer entsprechenden Parteientschädigung verpflichtet. Die Ungleichbehandlung sei darin zu erblicken, dass das Schiedsgericht die gegenseitig vereinbarten Fristen nicht beachtet und die Beschwerdegegnerin nach Fristablauf gar aus eigener Initiative aufgefordert habe, die Kostennote nachzureichen.
Das Bundesgericht folgte dieser Argumentation nicht. Die Beschwerdeführerin habe mit ihren Ausführungen nicht aufzuzeigen vermocht, inwiefern die Parteien nicht in allen Verfahrensabschnitten gleich behandelt worden wären. Sie habe nicht etwa geltend gemacht, sie hätte die Frist für die Einreichung der Kostennote ebenfalls verpasst und ihre Eingabe sei aus diesem Grund — im Gegensatz zu derjenigen der Beschwerdegegnerin — unbeachtet geblieben. Vielmehr würde sie dem Schiedsgericht vorwerfen, die Verfahrensordnung hätte es nicht gestattet, der Beschwerdegegnerin eine nachträgliche Einreichung der Kostennote zu ermöglichen, und das Schiedsgericht hätte die verspätete Eingabe bei richtiger Anwendung der massgebenden Verfahrensbestimmungen unberücksichtigt lassen müssen. Sie würde damit richtig besehen nicht geltend machen, der Gegenpartei sei im Rahmen des Verfahrens etwas gewährt worden, was ihr verweigert wurde, sondern werfe dem Schiedsgericht eine unzutreffende Anwendung der konkret anwendbaren Schiedsordnung vor. Eine falsche oder gar willkürliche Anwendung der schiedsgerichtlichen Verfahrensordnung reicht aber für sich allein nicht aus, um einen internationalen Schiedsentscheid aufzuheben.
Das Bundesgericht folgerte, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots nicht vorliegen würde.