Im zur Publikation vorgesehenen Urteil vom 27. Mai 2015 musste sich das BGer mit der vom den Stimmberechtigten des Kantons Zürich angenommenen Volksinitiative zum Erhalt der landwirtschaftlich und ökologisch wertvollen Flächen (Kulturlandinitiative) auseinandersetzen. Das in der Form der allgemeinen Anregung verfasste Begehren lautete folgendermassen:
Eine regionale Landwirtschaftliche Produktion, welche die Ernährungssouveränität mit möglichst hoher Selbstversorgung anstrebt, setzt genügend Kulturland voraus. Der Kanton sorgt deshalb dafür, dass die wertvollen Landwirtschaftsflächen und Flächen von besonderer ökologischer Bedeutung wirksam geschützt werden und in ihrem Bestand und ihrer Qualität erhalten bleiben. Als wertvolle Landwirtschaftsflächen gelten die Flächen der Bodeneignungsklassen 1 bis 6, mit Ausnahme der zum Zeitpunkt der Annahme der Initiative rechtskräftig der Bauzone zugewiesenen Flächen.
Zur Umsetzung der angenommenen Volksinitiative arbeitete der Regierungsrat des Kantons Zürich einen Entwurf zur Revision des kantonalen Planungs- und Baugesetzes (PBG ZH, Ordnungsnummer 700.1) aus, empfahl dem Kantonsrat jedoch, die Vorlage abzulehnen, da das Volksbegehren auch durch den revidierten kantonalen Richtplan umgesetzt werden könne. In der Folge beschloss der Kantonsrat die Festsetzung des kantonalen Richtplans und trat auf den Entwurf zur Revision des PBG ZH nicht ein. Gegen diesen Nichteintretensentscheid erhoben die Grünen Kanton Zürich und Marionna Schlatter Beschwerde an das BGer, welches die Beschwerde gutheisst.
Die Beschwerdeführerinnen bringen im Wesentlichen vor, dass der Kantonsrat mit dem Nichteintretensentscheid Art. 34 BV sowie Art. 25 i.V.m. Art. 32 lit. d der Verfassung des Kantons Zürich (KV ZH, Ordnungsnummer 101) verletzt habe. Der kantonale Richtplan sei ein flexibles Mittel und eine Siedlungsentwicklung auf Kosten von Kulturland sei weiterhin möglich. Die Kulturlandinitiative werde deshalb nicht umgesetzt.
Das BGer führt zunächst aus, dass es nicht zulässig und mit den politischen Rechten der Stimmbürger nicht vereinbar sei, die angenommene Kulturlandinitiative mittels einer Revision des kantonalen Richtplans umzusetzen:
Gemäss Art. 25 Abs. 4 KV bestimmt im Kanton Zürich der Kantonsrat, in welcher Rechtsform eine von der Stimmbürgern angenommene Volksinitiative in der Form der allgemeinen Anregung umzusetzen ist. […] Wurde eine den Stimmbürgern in der Form der allgemeinen Anregung unterbreitete Volksinitiative als gültig im Sinne von Art. 28 KV erachtet und lässt sich namentlich in einer in Art. 23 KV vorgesehenen Form umsetzen, so darf der Kantonsrat für die Umsetzungsvorlage indessen nicht eine Rechtsform wählen, die gemäss Art. 23 KV gar nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein kann. Zwischen dem Gegenstand einer Initiative und deren Umsetzungsform muss insoweit Kongruenz bestehen, dass für beide der Katalog von Art. 23 KV massgebend ist.
Da die Revision eines kantonalen Richtplans mit einer Volksinitiative nicht verlangt werden könne, stehe es dem Kantonsrat gemäss kantonalem Verfassungsrecht nicht zu, eine den Stimmbürgern in der Form der allgemeinen Anregung unterbreitete, angenommene Volksinitiative unmittelbar mit einer Revision des kantonalen Richtplans umzusetzen.
In einem zweiten Schritt nimmt das BGer Stellung zur inhaltlichen Umsetzung der Kulturlandinitiative:
Entgegen den Anliegen der Kulturlandinitiative können nach geltendem Recht Landwirtschaftsflächen, die innerhalb des im Richtplan festgelegten Siedlungsgebiets liegen, unter bestimmten Voraussetzungen […] der Bauzone zugewiesen werden (§ 47 Abs. 1 PBG), ohne dass der damit verbundene Verlust von wertvollen Landwirtschaftsflächen anderswo kompensiert werden müsste. Der revidierte Richtplan sieht eine solche Kompensationspflicht nur vor, wenn Fruchtfolgeflächen, das heisst wertvolle Landwirtschaftsflächen, die ausserhalb des im Richtplan festgelegten Siedlungsgebiets liegen, beansprucht werden […]. Entscheidend ist, dass der Initiativtext von den Stimmberechtigten und späteren Adressaten vernünftigerweise so verstanden werden musste, dass der Bestandesschutz auch für wertvolle Landwirtschaftsflächen gilt, die innerhalb des im Richtplan festgelegten Siedlungsgebiet liegen. Dies ergibt sich aus dem Initiativtext, zeigt sich aber auch darin, wie sich die verschiedenen Akteure vor der Abstimmung zur Kulturlandinitiative geäussert haben (E. 5.5.).
Vor dem Hintergrund des Gesagten kommt das BGer zum Schluss, dass die durch die Stimmbürger angenommene Kulturlandinitiative durch den Nichteintretensentscheid des Kantonsrats sowohl formell als auch materiell nicht korrekt umgesetzt wurde.