1C_223/2015: Bund ist bezüglich der durch das obligatorische Schiessen verursachten Umweltbelastung nicht unmittelbarer Verursacher / Praxisänderung abgelehnt

Im Urteil vom 23. März 2016 beurteilte das BGer die Kosten­verteilung im Zusam­men­hang mit der Alt­las­ten­sanierung der Schies­san­lage Hünt­wan­gen, die stark mit Blei und Anti­mon belastet war. Mit Kosten­verteilungsver­fü­gung vom 16. Jan­u­ar 2013 aufer­legte das Amt für Abfall, Wass­er, Energie und Luft des Kan­tons Zürich (AWEL) die anrechen­baren Sanierungskosten von Fr. 188’522.– zu 16 % der Gemeinde Hünt­wan­gen als Stan­dort­in­hab­erin, zu 30 % dem Eid­genös­sis­chen Departe­ment für Vertei­di­gung, Bevölkerungss­chutz und Sport (VBS) als Zweck­ver­an­lasserin und zu 54 % dem Mil­itärschiessvere­in Hünt­wan­gen als weit­erem Ver­hal­tensstör­er. Diese Kosten­verteilungsver­fü­gung zog das VBS bis vor BGer, welch­es die Beschw­erde gutheisst.

Das VBS bringt ins­beson­dere vor, dass die Kos­tenan­teile des ausser­di­en­stlichen Schiessens (zu 35,8 % für Alt­last ver­ant­wortlich), dem Kan­ton Zürich aufzuer­legen seien. Im Rah­men des kan­tonalen Bewil­li­gungsver­fahrens habe der Kan­ton gestützt auf Art. 36 USG (Umweltschutzge­setz, SR 814.01) für den Vol­lzug des Umwel­trechts zu sor­gen und sicherzustellen, dass mit­tels Anpas­sung des Stan­dorts oder mit speziellen Kugelfän­gen das Entste­hen von Alt­las­ten ver­mieden wer­den könne. Das VBS könne in diesem Bere­ich wed­er Forderun­gen mit Kosten­folge für den Erbauer des Schies­san­lage stellen, noch könne es Änderun­gen an der Anlage anord­nen. Demzu­folge sei der Kan­ton Zürich zuständig und in der Lage gewe­sen, bezüglich der Schies­san­lage Hünt­wan­gen vor­sorg­erel­e­vante Mass­nah­men zum Schutz der Umwelt anzuord­nen. Dieser Vor­sorgepflicht sei der Kan­ton nicht nachgekommen.

Das BGer nimmt Bezug auf einen Grund­satzentscheid aus dem Jahr 2005 (BGE 131 II 743), in welchem das Gericht zum Ergeb­nis kam, dass der Bund bezüglich der durch das oblig­a­torische Schiessen verur­sacht­en Umwelt­be­las­tung in der 300-m-Schies­san­lage Goldau nicht unmit­tel­bar­er Verur­sach­er im Sinne von Art. 32d USG sei.

Zur Begrün­dung führte es [das BGer] unter Beru­fung auf seine soeben dargestellte Recht­sprechung zur Haf­tung des Bun­des für die Kosten der Alt­las­ten­sanierung von Zivilschutzan­la­gen aus, die ausser­di­en­stliche Schiesspflicht werde zwar vom Bund vorgeschrieben, der Bau und Betrieb der Anlage obliege jedoch den Kan­to­nen respek­tive den Gemein­den, welche die Auf­gabe hät­ten, dabei unzuläs­sige Umwel­tein­wirkun­gen zu ver­mei­den. Der Bund sei daher nicht unmit­tel­bar­er Verur­sach­er jen­er Boden­be­las­tun­gen, welche auf die ausser­di­en­stliche Schiesspflicht zurück­zuführen seien, weil die Durch­führung von Schiessübun­gen nicht unweiger­lich die Belas­tung des jew­eili­gen Stan­dorts zur Folge habe, da mit geeigneten Mass­nah­men (Stan­dort­wahl; Instal­la­tion von speziellen Kugelfän­gen) grund­sät­zlich das Entste­hen ein­er Alt­last ver­hin­dert wer­den könne […] (E. 2.3.). 

Das BGer sieht im vor­liegen­den Fall keinen Anlass, um von sein­er bish­eri­gen Prax­is abzuwe­ichen. Ein­er­seits habe der Beschw­erdegeg­n­er keine neuen rechtlichen Argu­mente oder Sachum­stände vorge­bracht, wom­it es an ern­sthaften, sach­lichen Grün­den für eine Prax­isän­derung fehle. Ander­er­seits seien gestützt auf den Grund­satzentscheid aus dem Jahr 2005 zahlre­iche Sanierun­gen erfol­gt, was eine Prax­isän­derung aus Grün­den der Rechtssicher­heit und Rechts­gle­ich­heit als unstatthaft erscheinen lasse. Das BGer weist die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwä­gun­gen an das AWEL zurück.