4A_11/2016: Pikettdienst mit einer Interventionszeit von fünfzehn Minuten; Überzeit

B. war bei der A. AG zulet­zt als stel­lvertre­tender Che­farzt der Klinik U. angestellt. Nach­dem sich die Parteien nicht auf eine weit­ere Ver­tragsän­derung eini­gen kon­nten, kündigte B. das Arbeitsver­hält­nis und klagte eine Entschädi­gung für geleis­tete Pikett­di­en­ste als Über­stun­den bzw. Überzeit ein. Seine Forderun­gen begrün­dete B. damit, dass er sich während der Pikett­di­en­ste in der Klinik habe aufhal­ten müssen. Da die Inter­ven­tion­szeit nur fün­fzehn Minuten gewe­sen sei, habe er nicht an seinem Wohnort auf Ein­sätze warten können.

Das Arbeits­gericht Zurzach hiess die Klage teil­weise gut. Das Oberg­ericht des Kan­tons Aar­gau bestätigte im Wesentlichen das erstin­stan­zliche Urteil. Die dage­gen erhobene Beschw­erde der A. AG wies das Bun­des­gericht ab (Urteil 4A_11/2016 vom 7. Juni 2016).

Die A. AG hat­te vor Bun­des­gericht ins­beson­dere gel­tend gemacht, Art. 8a Abs. 2 ArGV 2 sei anzuwen­den, wonach bei ein­er Inter­ven­tion­szeit von weniger als 30 Minuten lediglich eine Zeitgutschrift von 10 % der inak­tiv­en Pikett­di­en­stzeit zu erfol­gen habe (E. 4). B. sei es frei ges­tanden, den Pikett­di­enst ausser­halb der Klinik zu erbrin­gen und von sein­er Freizeit zu prof­i­tieren, indem er z.B. in der Klinikumge­bung mit dem Motor­rad herum­fährt (E. 4.3).

Das Bun­des­gericht ver­warf diese Argu­men­ta­tion. Bei ein­er Inter­ven­tion­szeit von nur fün­fzehn Minuten könne der Arbeit­nehmer den Betrieb kaum ver­lassen und damit auch nicht von sein­er Freizeit prof­i­tieren (E. 4.1, 4.2 und 4.3).  

Anders ver­halte es sich nur, wenn der Arbeit­nehmer den Pikett­di­enst tat­säch­lich zu Hause erbrin­gen könne, da er dort Sozialkon­tak­te wahrnehmen und Freizeitbeschäf­ti­gun­gen nachge­hen könne, die im Betrieb nicht möglich seien (E. 4.1).

Somit war die gesamte Zeit für den Pikett­di­enst als Arbeit­szeit anzurech­nen und stellte Überzeit dar, soweit die geset­zliche Höch­star­beit­szeit über­schrit­ten wor­den war (E. 5.3).