Gemäss Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 12. September 2016 hat das Bundesgericht entschieden, die Amtshilfe in Steuersachen an die Niederlande bei Gruppenersuchen (entgegen dem Wortlaut des Protokolls zum DBA CH-NL) auch ohne Namensnennung zuzulassen.
Gestützt auf das aktuell gültige Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den Niederlanden (DBA CH-NL) hatte die niederländische Steuerbehörde im Juli 2015 die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) um Herausgabe von Informationen über all jene UBS-Kunden ersucht, welche (i.) gemäss Bankakten über eine Domiziladresse in den Niederlanden verfügten und (ii.) der schriftlichen Aufforderung der UBS, einen genügenden Nachweis der Steuerkonformität zu erbringen, nicht nachgekommen waren (s. früheren Swissblawg-Beitrag). Das Amtshilfegesuch enthielt keine Namensangaben zu den betreffenden Personen.
Der niederländischen Steuerbehörde ging es vorliegend um folgende Informationen über jede der betroffenen Personen: Namen, Geburtsdatum, Domizil-Adresse, Bankkonto-Nummer(n) und jeweiliger Kontostand (letzteres jeweils per 1. Februar 2013, 1. Januar 2014 und 31. Dezember 2014). Die Beschwerde einer betroffenen Person gegen die Schlussverfügung der EStV vom November 2015 hiess das Bundesverwaltungsgericht im März 2016 gut (A‑8400/2015) und hob die damit die angefochtene Schlussverfügung der EStV auf.
Zur Begründung stützte sich das Bundesverwaltungsgericht auf seine Auslegung des Protokolls zum DBA CH-NL, welches in Ziff. ‘XVI zu Art. 26 des DBA’ (lit. b) die Namensnennung als Voraussetzung für die Amtshilfe explizit erwähnt. Dementsprechend könne vorliegend mangels Namensnennung keine Amtshilfe geleistet werden. Der explizite Wortlaut dieses Protokolls stehe einer grosszügigeren Rechtsanwendung im Sinne des im Juli 2012 (betreffend Art. 26 OECD MA 26) aktualisierten Kommentares zum OECD Musterabkommens ebenso entgegen (bloss ‘ergänzendes Hilfsmittel zur Auslegung’) wie die entsprechenden Bestimmungen des Schweizer Steueramtshilfegesetzes (SR 651.1) bzw. der Verordnung dazu (‘Staatsvertrags- vor Landesrecht’).
Das Bundesgericht gelangt nun zur gegenteiligen Auffassung, wonach das DBA CH-NL und dessen Protokoll sehr wohl Gruppenanfragen ohne Namensnennungen zuliessen. Trotz explizitem Erfordernis der Namensnennung gemäss Protokoll zum DBA CH-NL gewichtete es den Zweck der Amtshilfe gemäss ebenjenem Protokoll höher: Der Zweck der Amtshilfe bestehe demnach darin,
einen möglichst weit gehenden Informationsaustausch in Steuerbelangen zu gewährleisten, ohne den Vertragsstaaten zu erlauben, „fishing expeditions“ zu betreiben. (s. Protokoll, Ziff. ‘XVI zu Art. 26 DBA NL’ [lit. c.]).
Zudem sei bei der Auslegung dieser Bestimmung auch die Verständigungsvereinbarung zum Protokoll zum DBA CH-NL vom 31. Oktober 2011 zu beachten.
„Darin wird ausdrücklich festgehalten, dass die Identifikation betroffener Personen aufgrund anderer Angaben als derjenigen des Namens und der Adresse erfolgen kann. Die Leistung von Amtshilfe bei Gruppenersuchen ohne Namensnennung kann [dagegen] ohne staatsvertragliche Grundlage nicht auf [blosser] Basis des innerstaatlichen Rechts, namentlich des Steueramtshilfegesetzes erfolgen. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die vom BD gestellte Anfrage keine unzulässige «fishing expedition» darstellt und die weiteren Voraussetzungen zur Leistung der Amtshilfe erfüllt sind.“ (aus der Medienmitteilung des BGer)
Die schriftliche Begründung soll erst in einigen Wochen vorliegen. Der vorliegende Entscheid ebnet den Weg für weitere Gruppenanfragen nach demselben (simplen) Muster.
Für weitere Informationen siehe auch: NZZ online vom 12. September 2016.