4A_202/2016: Rüge der überraschenden Rechtsanwendung, weil das Schiedsgericht angeblich ein anderes als das gewählte Recht angewendet hat

Mit Entscheid 4A_202/2016 vom 3. August 2016 wies das Bun­des­gericht eine Beschw­erde gegen einen Schiedsspruch des Tri­bunal Arbi­tral du Sport
(“TAS”) ab. Der Entscheid basierte auf dem fol­gen­den Sachverhalt:


B. ist ein pro­fes­sioneller Radren­n­fahrer (Beschw­erdegeg­n­er 1). Die C. Sàrl hielt die Rechte am Bild von B. (Beschw­erdegeg­ner­in 2). Die A. SA ist ein pro­fes­sionel­lles Radren­n­fahrer Team (Beschw­erde­führerin).
B. schloss im Sep­tem­ber 2010 mit
der A. SA einen als “Self-employed
Agree­ment” beze­ich­neten Ver­trag ab. Am gle­ichen Datum ging die C. Sàrl mit
der A. SA einen als “Agree­ment on Image Rights” beze­ich­neten Ver­trag ein. 
Im
Juli 2012 wurde B. anlässlich der Tour de France pos­i­tiv auf Dop­ing getestet. Im Juni 2013 kündigte die A. SA bei­de Verträge rück­wirk­end auf Juli 2012.
Im August 2014 schlossen die Parteien eine Schiedsvere­in­barung, gestützt auf die B.
und die C. Sàrl ein Schiedsver­fahren gegen die A. SA ein­leit­eten. Die Schiedsvere­in­barung enthielt die fol­gende Rechtswahl:
The
par­ties autho­rise the Arbi­tral Tri­bunal to assist them in reach­ing a settlement
and, if it deems it appro­pri­ate, to decide ex aequo et bono. Applic­a­ble law
should be X.________ law; the Arbi­tral Tri­bunal can also apply any rule of law
that it will con­sid­er appropriate.
Das
Schieds­gericht verurteilte die A. SA zur Zahlung von gesamthaft rund EUR 2 Millionen
an B. und die C. Sàrl.
Die A. SA erhob Beschw­erde gegen diesen Schiedsspruch. Sie rügte mitunter die Ver­let­zung ihres rechtlichen Gehörs unter dem
Gesicht­spunkt der über­raschen­den Recht­san­wen­dung. Sie argu­men­tierte, dass das
Schieds­gericht mit ein­er unver­ständlichen und unvorhersehbaren
Argu­men­ta­tion unter dem Vor­wand der Anwen­dung der ex aequo et bono-Rechtswahl das Schweiz­er Recht angewen­det habe, obwohl alle Parteien ihren Wohn­sitz bzw. Sitz im
Staat X. hät­ten und das Recht von X. in der Schiedsvere­in­barung aus­drück­lich erwäh­nt wor­den sei. Die A. SA behauptete, ihr wäre nicht die Möglichkeit gewährt
wor­den, nur schon Ein­wände gegen die blosse Anwend­barkeit des Schweizer
Rechts vorzubringen.
Das Bun­des­gericht liess diese Argu­men­ta­tion nicht gel­ten. Angesichts der For­mulierung der Rechtswahlk­lausel kon­nten die Parteien nicht
auss­chliessen, dass das Schieds­gericht ein anderes Recht als das von X. anwen­den oder gar nur auf der Grund­lage von ex aequo et bono entschei­den würde. Die A. SA hätte vielmehr mit der Anwen­dung des Schweiz­er Rechts rech­nen kön­nen in Anbe­tra­cht des Umstandes, dass das
Schieds­gericht aus drei Schweiz­er Anwäl­ten bestand, das TAS seinen Sitz in
der Schweiz hat und das Schweiz­er Recht als das dis­pos­i­tives Recht im
ordentlichen Ver­fahren vor dem TAS gilt. 
Das Bun­des­gericht bemerk­te weit­er, dass die Ver­fahren­sor­d­nung (Order of pro­ce­dure) die fol­gende Klausel enthielt:
In view
of the dis­cre­tion grant­ed to the Pan­el by the Par­ties, of their written
sub­mis­sions and of the fact that they chose Swiss arbi­tra­tors, the Pan­el deems
it appro­pri­ate to decide this case ex aequo et bono and to refer to Swiss law
when­ev­er it deems it appropriate.
Auch mit Blick auf diese Bes­tim­mung bemän­gelte das Bun­des­gericht die Argu­men­ta­tion der A. SA, von der Anwen­dung des Schweiz­er Rechts über­rascht wor­den zu sein, mit dem Hin­weis darauf, dass sich die A. SA bei Erhalt der Ver­fahren­sor­d­nung nicht etwa gegen diese gewehrt, son­dern diese vielmehr vor­be­halt­s­los unterze­ich­net habe.
Gemäss Bun­des­gericht kon­nten wed­er die
Anwen­dung des Schweiz­er Rechts noch die rechtlichen Fol­gerun­gen überraschen.