Mit dem Entscheid 4A_412/2016 vom 21. November 2016 behandelte das Bundesgericht ein Revisionsgesuch gegen einen in einem internationalen Schiedsverfahren gefällten Schiedsspruch.
Die Rechtsvorgängerin der A. SE (Gesuchstellerin) schloss am 25. März 2005 mit der B. Inc. (Gesuchsgegnerin) eine Vereinbarung über die Erbringung von Beratungsdienstleistungen im Hinblick auf allfällige Lieferungen von Anlagen nach V. ab. Nach der Vereinbarung sollte die B. Inc. der Rechtsvorgängerin der A. SE sämtliche Informationen zukommen lassen und nützliche Ratschläge erteilen, um das angestrebte Grossprojekt in V. zu erhalten, dies gegen eine Provision von 2 % der Transaktionssumme.
Die Rechtsvorgängerin der A. SE schloss in der Folge verschiedene Verträge über die Lieferung von Anlagen nach V. ab.
Die B. Inc. stellte sich auf den Standpunkt, die Rechtsvorgängerin der A. SE schulde ihr gestützt auf die Vereinbarung einen ausstehenden Teilbetrag. Diese verweigerte die Zahlung. Die B. Inc. leitete im Januar 2009 ein Schiedsverfahren nach den Bestimmungen der Internationalen Handelskammer (ICC) gegen die Rechtsvorgängerin der A. SE ein. Sie beantragte unter anderem, diese sei zur Zahlung der ausstehenden Entschädigung zu verpflichten. Die Rechtsvorgängerin der A. SE widersetzte sich der Forderung und machte insbesondere geltend, dass seitens der B. Inc. gar keine Leistungen erbracht worden seien und sie aufgrund der Bestechung von Amtsträgern durch ihre Vertragspartnerin von der Pflicht zur Bezahlung von Provisionen befreit sei. Sie berief sich im Zusammenhang mit ihrem Bestechungsvorwurf insbesondere darauf, die B. Inc. sei eine Rechtseinheit, die lediglich dazu diene, Schmiergelder (unmittelbar) ihrem wirtschaftlich Berechtigten oder (mittelbar) Vertretern des Staats zukommen zu lassen. Das Schiedsgericht sah den Vorwurf der Bestechung als nicht erwiesen an und erachtete die Vereinbarung als gültig. Mit Schiedsentscheid vom 15. Februar 2011 hiess es die Schiedsklage teilweise gut und verurteilte die Rechtsvorgängerin der A. SE zur Zahlung ausstehender Provisionen.
Mit Eingabe vom 1. Juli 2016 ersuchte die A. SE das Bundesgericht unter Berufung auf neu entdeckte Tatsachen und Beweismittel um Revision des Schiedsspruchs des ICC Schiedsgerichts mit Sitz in Genf vom 15. Februar 2011.
Das Bundesgericht erklärte einleitend, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die Revision eines internationalen Schiedsspruchs aus den in Art. 123 BGG vorgesehenen Gründen verlangt werden kann. Gemäss Art. 123 Abs. 1 BGG kann die Revision verlangt werden, wenn ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder Vergehen zum Nachteil der Partei auf den Entscheid eingewirkt wurde. Nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann die Revision zudem verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind. Nur Tatsachen und Beweismittel, die dem Gesuchsteller im Zeitpunkt des Hauptverfahrens trotz aller Sorgfalt nicht bekannt waren, können eine Revision nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG rechtfertigen. Die neu vorgebrachten Tatsachen müssen erheblich sein, das heisst sie müssen geeignet sein, die tatsächliche Grundlage des angefochtenen Urteils zu verändern, so dass sie bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer anderen Entscheidung führen können.
Die Gesuchstellerin berief sich in erster Linie darauf, im Rahmen eines Strafverfahrens gegen einen ehemaligen Mitarbeiter nachträglich erhebliche Tatsachen erfahren bzw. ein entscheidendes Beweismittel in Form des dem Revisionsgesuch beigelegten Formulars A der Kontoeröffnungsunterlagen der Gesuchsgegnerin bei der Bank Z.
AG entdeckt zu haben (Art. 123 Abs. 2 lit. a
BGG). Die Rechtsvorgängerin der Gesuchstellerin hatte im Schiedsverfahren die Offenlegung des an der Gesuchsgegnerin wirtschaftlich Berechtigten durch die Gesuchsgegnerin beantragt, so insbesondere durch Herausgabe der massgebenden Kontoeröffnungsunterlagen der Bank Z.
AG. Obwohl das Schiedsgericht die damalige Klägerin zur Herausgabe der Bankunterlagen aufgefordert hatte, reichte diese die verlangten Dokumente nicht ein. Entsprechend gelang es der damaligen Beklagten nicht, den von ihr erhobenen Bestechungsvorwurf zu belegen, den sie dem vertraglichen Provisionsanspruch der Gesuchsgegnerin entgegenhielt.
Aus dem von der Gesuchstellerin eingereichten Dokument ging hervor, dass an der Gesuchsgegnerin F. wirtschaftlich berechtigt war, damals Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin der A. SE und Verantwortlicher für Grossprojekte in V. Damit lag gemäss Bundesgericht auf der Hand, dass es sich bei der Gesuchsgegnerin nicht um eine unabhängige Dritte handelte, die tatsächlich Dienstleistungen in Übereinstimmung mit der Vereinbarung erbrachte, sondern lediglich um ein Vehikel zur Ausrichtung von Schmiergeldzahlungen, um in V. die angestrebten Geschäfte mit staatsnahen Unternehmen abzuschliessen. Wie das Schiedsgericht in seinem Entscheid ausdrücklich ausführte, wäre die Vereinbarung nach Art. 20 OR nichtig, falls sich der Vorwurf der Bestechung als zutreffend erweisen sollte. Es erachtete in diesem Zusammenhang die wirtschaftliche Berechtigung an der Gesuchsgegnerin als entscheiderheblich und ordnete (erfolglos) die Herausgabe der Bankunterlagen an. Die nunmehr im Revisionsverfahren eingereichten Kontoeröffnungsunterlagen (Formular A) waren geeignet, die vom Schiedsgericht als erheblich erachtete Tatsache der wirtschaftlichen Berechtigung an der Gesuchsgegnerin zu beweisen.
Der Revisionsgrund von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG war demnach erfüllt und das Revisionsgesuch erwies sich als begründet.