8C_577/2015: Arbeitslosenversicherung für Grenzgänger; internationale Zuständigkeit (amtl. Publ.)

A. war schweiz­erische Staat­sange­hörige, geschieden und Mut­ter eines Kindes. Sie arbeit­ete für die B. SA in der Schweiz und wandte sich an die Arbeit­slosenkasse, um Taggelder ab dem 1. Jan­u­ar 2014 zu beziehen. Bei der Anmel­dung gab A. an, ihr Wohn­sitz befände sich im Kan­ton Genf.

Die Arbeit­slosenkasse holte Erkundi­gun­gen ein und gelangte zum Schluss, der Wohn­sitz von A. sei in Frankre­ich. In Genf über­nachte A. höch­stens ein- bis zweimal pro Woche. Die Arbeit­slosenkasse ver­weigerte in der Folge die beantragten Leistungen.

Die Beschw­erde von A. wies der Cour de jus­tice de la République et can­ton de Genève (Cham­bre des assur­ances sociales) ab. Das Bun­des­gericht wies die dage­gen gerichtete Beschw­erde eben­falls ab (Urteil 8C_577/2015 vom 29. Novem­ber 2016).

Das Bun­des­gericht hielt im Wesentlichen fest, grund­sät­zlich sei der­jenige Staat für Leis­tun­gen aus der Arbeit­slosen­ver­sicherung zuständig, in dem der Ansprech­er zulet­zt angestellt gewe­sen sei (lex loci laboris). Bezüglich Stel­len­suchen­den, bei denen das Beschäf­ti­gungs­land nicht mit dem Wohn­sit­z­land übere­in­stimmt, beste­hen jedoch Aus­nah­mebes­tim­mungen (E. 4.2). Der Wohn­sitz von A. war deshalb entschei­drel­e­vant (E. 5.1).

In der Schweiz hat­te A. lediglich ein Zim­mer zur Ver­fü­gung, auf das sie ihre Tochter nicht mit­nehmen kon­nte. In Frankre­ich hat­te sich A. ein Haus gekauft. Die Tochter von A., die unter ihrer elter­lichen Obhut stand, war in Frankre­ich eingeschult. A. hat­te überdies ihr Fahrzeuge in Frankre­ich imma­trikuliert. Bei den Akten befan­den sich zudem Zeug­nisse eines franzö­sis­chen Arztes. Auf­grund der Gesam­tum­stände kam das Bun­des­gericht zum Schluss, dass sich der Wohn­sitz von A. in Frankre­ich befand und A. Gren­zgän­gerin qual­i­fizierte (zum Ganzen E. 5.2). A. hat­te daher keinen Anspruch auf Leis­tun­gen der Arbeit­slosen­ver­sicherung in der Schweiz (E. 6.4, 4.3 und 4.4).