1C_517/2016: Hauskehrrichtregime der Gemeinde Cazis — Bündner Verwaltungsgericht verletzt Rechtsweggarantie (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil vom 12. April 2017 kon­nte sich das BGer zum Hauskehrrichtregime der Bünd­ner Gemeinde Cazis äussern. Im Jahr 2015 informierte die Gemeinde Cazis die Ein­wohn­er und Ferien­haus­be­sitzer der Frak­tion Portein über ihren Beschluss, die Annah­memöglichkeit für Hauskehrricht beim Kehrrichthäuschen Portein einzustellen. Hierge­gen erhoben B. und einige Mitun­terze­ich­n­er Ein­spruch bei der Gemeinde. Diese beschied den Ein­sprech­ern, dass es sich beim Beschluss um einen reinen Ver­wal­tungsakt han­dle, gegen den keine Ein­sprachemöglichkeit beste­he. Daraufhin gelangten die Ein­sprech­er an das Bünd­ner Ver­wal­tungs­gericht und beantragten unter anderem die Fest­stel­lung ein­er Rechtsver­weigerung und die Anweisung der Gemeinde Cazis, den Ein­sprech­ern eine anfecht­bare Ver­fü­gung zuzustellen. Den abschlägi­gen Entscheid des Ver­wal­tungs­gerichts focht­en B. und Mitun­terze­ich­n­er beim BGer an, welch­es die Beschw­erde teil­weise gutheisst.

Die Beschw­erde­führer rügen eine Ver­let­zung der Rechtsweg­garantie nach Art. 29a BV, wonach jede Per­son bei Rechtsstre­it­igkeit­en Anspruch auf Beurteilung durch eine richter­liche Behörde hat. Das BGer hält in diesem Zusam­men­hang fest, dass eine Anfech­tungsmöglichkeit nach Art. 29a BV nur dann eröffnet wer­den müsse, wenn die Anord­nung geeignet sei, die Posi­tion ein­er Per­son als Träger von Recht­en und Pflicht­en gegenüber dem Staat zu bee­in­flussen. In Bezug auf das geplante Hausker­richtregime der Gemeinde Cazis bedeutet dies gemäss BGer folgendes:

Vor­liegend ist unstre­it­ig, dass die Beschw­erde­führer nicht verpflichtet sind, eine bes­timmte Abfall­sam­mel­stelle zu benutzen. Das kom­mu­nale Recht gewährt […] auch keinen Anspruch auf eine Sam­mel­stelle in ein­er gewis­sen Dis­tanz zur Liegen­schaft oder inner­halb der Gemein­de­frak­tion. Immer­hin aber sind die Beschw­erde­führer geset­zlich verpflichtet, ihren Hauskehrricht ein­er Sam­mel­stelle der Gemeinde Cazis zu übergeben (Art. 31b Abs. 3 USG i.V.m. Art. 12 des kom­mu­nalen Abfallge­set­zes). Die Aufhe­bung der Sam­mel­stelle Portein berührt diese Pflicht insofern, als Ein­wohn­er und Ferien­haus­be­sitzer in Portein ihren Abfall kün­ftig zu ein­er anderen, weit­er ent­fer­nt gele­ge­nen Sam­mel­stelle in ein­er anderen Gemein­de­frak­tion brin­gen müssen. (E. 4.4.)

Das BGer kommt zum Schluss, dass der Rechtsweg dann offen­ste­hen müsse, wenn Pri­vat­per­so­n­en plau­si­bel gel­tend machen, dass ihren gerecht­fer­tigten Bedürfnis­sen bei der Neuor­gan­i­sa­tion der Kehrrichtab­fuhr nicht Rech­nung getra­gen wor­den sei und die neuen bzw. verbleiben­den Sam­mel­stellen für sie unzu­mut­bar oder jeden­falls mit erhe­blichen Nachteilen ver­bun­den seien. Dies sei den Beschw­erde­führern vor­liegend gelungen.

Das Bünd­ner Ver­wal­tungs­gericht hat — so das BGer — die Rechtsweg­garantie ver­let­zt, weshalb der ange­focht­ene Entscheid aufge­hoben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorin­stanz zurück­gewiesen wird.