1C_601/2018: Immissionsschutzreglement der Gemeinde Wil / Regelung von Knallkörpern (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil vom 4. Sep­tem­ber 2019 beurteilte das BGer die Recht­mäs­sigkeit des Immis­sion­ss­chutzre­gle­ments der Gemeinde Wil/SG (ISR/Wil), welch­es die kom­mu­nale Lärm­schutzverord­nung erset­zt. Art. 16 Abs. 1 ISR/Wil lautet folgendermassen:

Die Ver­wen­dung von Knal­lkör­pern ist ganzjährig unter­sagt. Ausgenom­men sind fol­gende Zeiten:
a) Fas­nacht, d.h. in der Zeit vom Güm­peli-Mittwoch bis zum darauf­fol­gen­den Dienstag;
b) in der Nacht von Sil­ver­ster auf Neujahr;
c) anlässlich der Feiern zum Bundesfeiertag.

Gegen das ISR/Wil führte A. erfol­g­los Ver­wal­tungs- und Ver­wal­tungs­gerichts­beschw­erde. Das BGer hinge­gen heisst seine Beschw­erde in öffentlich-rechtlichen Angele­gen­heit­en teil­weise gut.

Das BGer hält zunächst fest, dass Knal­lkör­p­er in der Gemeinde Wil einem stren­geren Regime als Feuer­w­erk­skör­p­er unter­lä­gen, da sie grund­sät­zlich ver­boten (und nicht nur bewil­li­gungspflichtig) seien. Knal­lkör­p­er seien jedoch insofern priv­i­legiert, als sie zusät­zlich zum Nation­alfeiertag und Sil­vester auch noch während der gesamten Fas­nachtswoche gezün­det wer­den dürften. Diese Regelung scheine mit Blick auf das Ruhebedürf­nis von Men­schen und Tieren problematisch.

In der Nacht kön­nen schon vere­inzelte Knal­lkör­p­er zu Aufwachreak­tio­nen führen. Wieder­holt sich dies in mehreren aufeinan­der­fol­gen­den Nächt­en, kann dies das Wohlbefind­en der Bevölkerung erhe­blich beein­trächti­gen, auch wenn die Fas­nach “nur” eine Woche dauert. Dies gilt ins­beson­dere für Per­so­n­en, die während der Fas­nachtswoche arbeit­en müssen oder für Kleinkinder. Es beste­ht kein öffentlich­es Inter­esse an der Ver­wen­dung von Knal­lkör­pern. Auch das pri­vate Inter­esse, an der Fas­nacht Knal­lkör­p­er zün­den zu kön­nen, ver­mag eine bis zu ein­wöchige Störung von Ruhezeit­en, ins­beson­dere der Nachtruhe, nicht zu recht­fer­ti­gen. (E. 11.1.)

Da das BGer eine zeitliche und/oder räum­liche Beschränkung von Knal­lkör­pern nicht nur gestützt auf das USG (Umweltschutzge­setz; SR 814.01) son­dern auch aus Sicht des Tier­schutzes für erforder­lich hält, hebt es Art. 16 Abs. 1 lit. a ISR/Wil auf und weist die Sache zu neuem Entscheid über die Knal­lkör­per­ver­wen­dung in der Fas­nachtswoche an die Gemeinde Wil zurück.