Im zur amtlichen Publikation vorgesehenen Urteil vom 3. Mai 2017 äusserte sich das BGer zur im Kanton Graubünden eingereichten Volksinitiative “Nur eine Fremdsprache in der Primarschule (Fremdspracheninitiative)”. Die kantonale Volksinitiative wurde in der Form der allgemeinen Anregung mit dem folgenden Wortlaut eingereicht:
Das Gesetz für die Volksschulen des Kantons Graubünden ist so abzuändern und auszugestalten, dass in der Primarschule für den Fremdsprachenunterricht im ganzen Kanton folgende Regel gilt: In der Primarschule ist nur eine Fremdsprache obligatorisch, je nach Sprachregion ist dies Deutsch oder Englisch.
In der Folge kamen die beiden Professoren Adriano Previtali (Nur eine Fremdsprache in der Primarschule?, in: ZGRG 2/2014 S. 93 ff.) und Bernhard Ehrenzeller (Gutachten zur Frage der Gültigkeit der kantonalen Volksinitiative “Nur eine Fremdsprache in der Primarschule”) zum Schluss, dass die Volksinitiative für ungültig zu erklären sei. Nachdem der Grosse Rat des Kantons Graubünden die Volksinitiative für ungültig erklärte, hiess das kantonale Verwaltungsgericht eine von sechs Privatpersonen eingereichte Beschwerde gegen den Ungültigkeitsbeschluss gut. Die von 18 Privatpersonen gegen diesen Entscheid geführte Beschwerde wird vom BGer abgewiesen.
Das BGer weist zunächst darauf hin, dass das Initiativbegehren von den Verfahrensbeteiligten übereinstimmend so ausgelegt werde, dass die Primarschüler aus den italienisch- und rätoromanischsprachigen Regionen einzig in der Fremdsprache Deutsch und die Primarschüler aus den deutschsprachigen Regionen einzig in der Fremdsprache Englisch obligatorisch unterrichtet werden könnten. Die Initiative schliesse jedoch das Angebot einer zweiten Fremdsprache in der Primarschule auf freiwilliger Basis nicht aus.
Die Beschwerdeführer dagegen bringen vor, dass die Initiative das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 Abs. 1 BV) verletze. Diese Verletzung sei im Umstand zu erblicken, dass die Primarschüler je nach Sprachregion entweder nur in der Fremdsprache Deutsch oder nur in der Fremdsprache Englisch obligatorisch unterrichtet würden. Das BGer pflichtet den Beschwerdeführerin insofern bei, als die von der Initiative vorgesehene Regelung nicht gewährleiste, dass die Schüler aus den verschiedenen Sprachregionen zu jedem Zeitpunkt ihrer Ausbildung bzw. am Ende der Primarschule über vergleichbare Kompetenzen in einer zweiten Landessprache sowie in Englisch verfügten.
Obwohl die Fremdspracheninitiative — so das BGer — zum Rechtsgleichheitsgebot oder zum Diskriminierungsverbot in einem gewissen Spannungsverhältnis stehe, lasse sich die Initiative vom Gesetzgeber aber in einer Art und Weise umsetzen, die nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstosse. So könne sichergestellt werden, dass die Schüler bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit eine gleichwertige Sprachausbildung erhielten, da die zweite Fremdsprache in der Oberstufe relativ effizient erlernt werden könne. Zudem könne die Schulträgerschaft verpflichtet werden, den unterschiedlichen Vorkenntnissen der Schüler auf der Oberstufe mit der Einführung von getrennten Fremdsprachen-Klassen Rechnung zu tragen. Schliesslich könnten die Bedürfnisse von Schülern aus Randregionen des Kantons mit Sonderregelungen befriedigt werden.
Die weiteren von den Beschwerdeführern vorgebrachten Rügen weist das BGer mit jeweils kurzen Begründungen ebenfalls ab (vgl. E. 6.–10.).