Im Entscheid vom 13. Dezember 2017 befasste sich das BGer mit Kirchengeläut in der Gemeinde Wädenswil. Im August 2014 gelangten A. und B. mit den folgenden Begehren an den Stadtrat Wädenswil:
- die Stunden- und Viertelstundenschläge der Glocken der evangelisch-reformierten Kirche seien von 22.00 Uhr bis 07.00 Uhr einzustellen
- das Frühgeläut sei von 06.00 Uhr auf 07.00 Uhr zu verschieben
- das abendliche Betzeitläuten sei zeitlich und von der Lautstärke her zu begrenzen
Die Kirchenpflege kam A. und B. entgegen und verlegte das Frühgeläut auf 07.01 Uhr. Die restlichen Anträge lehnte der Stadtrat Wädenswil ab. Dagegen wehrten sich A. und B. beim Baurekursgericht, welches die evangelisch-reformierte Kirche anwies, den Viertelstundenschlag der Glocken zwischen 22.00 Uhr und 07.00 Uhr einzustellen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich stützte den Entscheid des Baurekursgerichts, woraufhin die Stadt Wädenswil und die Kirchgemeinde an das BGer gelangten, welches die Beschwerden gutheisst.
Die Stadt Wädenswil und die Kirchgemeinde machen geltend, dass die Anordnung der Vorinstanzen (Einstellung des Viertelstundenschlags der Glocken zwischen 22.00 Uhr und 07.00 Uhr) ihre Autonomie verletze. Das BGer stellt die betroffenen Interessen gegenüber und hält folgendes fest:
Der nächtliche Viertelstundenschlag der Kirchenglocken ist in Wädenswil fest verwurzelt: Es handelt sich um eine langjährige Tradition, mit der sich grosse Teile der Bevölkerung verbunden fühlen. Hierfür kann einerseits auf die Stellungnahmen der mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Behörden (Stadtrat, Kirchgemeinde) als auch auf die Petition zur Beibehaltung des nächtlichen Viertelstundenschlags verwiesen werden, die von mehr als 2000 Einwohnern und Einwohnerinnen unterschrieben wurde. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach der Viertelstundenschlag seine Bedeutung in Wädenswil weitgehend verloren habe, kann nicht gefolgt werden. Dieser zeigt nicht die genaue Uhrzeit an, sondern den Lauf der Zeit. Er ist ein vertrauter, für viele beruhigender Klang, der den gesamten Tagesablauf über 24 Stunden begleitet. Der Viertelstundenschlag ist somit Teil des Kulturerbes, das Identität stiftet und an dessen Bewahrung ein erhebliches Interesse besteht. (E. 6.1.)
Auf der anderen Seite — so das BGer — komme auch dem Ruhebedürfnis der Bevölkerung eine grosse Bedeutung zu. Es sei davon auszugehen, dass die Glockenschläge aufgrund ihres plötzlichen Auftretens, ihres ton- und impulshaltigen Charakters sowie ihrer Häufigkeit nachts als störend empfunden würden (Aufwachreaktionen oder Erschweren des [Wieder-] Einschlafens). Indessen sei die bei A. und B. auftretende Lärmbelastung — auch unter Berücksichtigung einer ETH-Studie aus dem Jahr 2011 — nicht als erheblich störend zu qualifizieren. Die Einstellung des Viertelstundenschlags führe bloss zu einer bescheidenen Verbesserung der Lärmsituation für A. und B.
Das BGer hält abschliessend fest, dass die Interessenabwägung nicht leicht falle und verschiedene Lösungsansätze vertretbar seien. Ihren Beurteilungsspielraum habe die Gemeinde vor diesem Hintergrund aber nicht überschritten, weshalb die Anordnung der Vorinstanzen ihre Autonomie verletzten.