Der Entwurf des neuen Bundesgesetzes über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG) und die zugehörige Botschaft wurden gestern im Bundesblatt veröffentlicht. Das Gesetz regelt die Durchführung genetischer Analysen und soll die Menschenwürde schützen, Missbräuche verhindern und die Qualität sicherstellen. Da das GUMG von 2007 die neuen Möglichkeiten des medizinischen Fortschritts nicht mehr sachgerecht erfasst, wird es umfassend revidiert.
Die Entschlüsselung des Erbguts ist in den vergangenen Jahren vorangeschritten; mittlerweile lassen sich Gentests in kurzer Zeit relativ kostengünstig durchführen. Mit neuen kommerziellen Angeboten, den sog. «Direct-to-Consumer Genetic Tests» (DTC-GT), lassen sich genetische Untersuchungen durchführen – sowohl zu medizinischen als auch zu nicht-medizinischen Zwecken. Bestellen können die Interessenten heute direkt beim Anbieter via Internet. Diese kommerziellen Untersuchungen sind im GUMG ungenügend geregelt, was vor allem für Angebote ausländischer Unternehmer gilt. Ausserdem ist derzeit nicht klar, ob Analysen, die nicht dem GUMG unterlegen, zulässig oder verboten sind.
Das GUMG regelt heute die genetischen Untersuchungen im medizinischen Bereich, insbesondere zur Abklärung von Erbkrankheiten, aber auch die Erstellung von DNA-Profilen zur Klärung der Abstammung (z. B. Vaterschaftstests). Das revidierte Gesetz wird neu auch jene genetischen Untersuchungen umfassen, die medizinisch nicht relevante Eigenschaften untersuchen (z.B. um die sportliche Veranlagung zu eruieren oder die Ernährung zu optimieren).
Die Neuerungen des GUMG im Einzelnen:
- Im medizinischen Bereich dürfen genetische Untersuchungen grundsätzlich nur von einer Ärztin oder einem Arzt veranlasst werden. Für Tests im aussermedizinischen Bereich sollen unterschiedlich strenge Regeln gelten. Abklärungen zu besonders schützenswerten Eigenschaften, bei welchen ein gewisses Missbrauchspotential erkennbar ist (z.B. sportliche Veranlagung), dürfen nur durch Gesundheitsfachpersonen veranlasst werden. Diese müssen sicherstellen, dass interessierte Personen umfassend aufgeklärt werden, und sie müssen die Entnahme der Probe überwachen. Laboratorien, die solche Tests durchführen, sind bewilligungspflichtig. Alle anderen Tests ohne erkennbares Missbrauchspotential können Kundinnen und Kunden direkt angeboten werden, auch übers Internet (z.B. Tests zum Geschmacksempfinden). Für urteilsunfähige Personen (z.B. Kinder) sind Tests ausserhalb des medizinischen Bereichs verboten.
- Weitere Präzisierungen betreffen die vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen. Pränatale Blut-Tests können zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft und ohne jegliches Risiko für das ungeborene Kind Eigenschaften seines Erbguts feststellen (z. B. Trisomie 21, aber auch das Geschlecht). Die Gesetzesvorlage sieht vor, dass weiterhin nur Eigenschaften abgeklärt werden dürfen, die die Gesundheit des werdenden Kindes beinträchtigen. Zudem wird festgeschrieben, dass die Eltern erst nach der 12. Schwangerschaftswoche über das Geschlecht des Ungeborenen informiert werden dürfen.
- Geregelt wird zudem der Umgang mit sog. Überschussinformationen. Mit den technischen Neuerungen bei der Entschlüsselung des Erbguts werden vermehrt Informationen aufgedeckt, die für den eigentlichen Zweck der Untersuchung nicht benötigt werden (z.B. Risikofaktoren für Erkrankungen, die erst später im Leben oder möglicherweise gar nie auftreten). Findet die genetische Untersuchung im medizinischen Bereich statt, soll die Patientin bzw. der Patient selber entscheiden, ob ihr oder ihm solche Überschussinformationen mitgeteilt werden sollen oder nicht. Bei genetischen Untersuchungen ausserhalb des medizinischen Bereichs dürfen Überschussinformationen nicht mitgeteilt werden.
- Die Problematik mit Überschussinformationen besteht zunehmend auch bei genetischen Untersuchungen von nicht erblichen Eigenschaften, etwa bei genetischen Abklärungen bei Krebserkrankungen, um die Therapie zu bestimmen. Der Gesetzesentwurf weitet den Geltungsbereich auf solche Untersuchungen aus. Dabei sollen aber nur wenige, grundlegende Bestimmungen zur Anwendung kommen.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat die wesentlichen Punkte zur Rechtslage im Hinblick auf das GUMG de lege lata und de lege ferenda in einem “Fragen und Antworten”-Papier zusammengefasst.