4A_53/2017: Zulässigkeit eines Revisionsgesuchs trotz Rechtsmittelverzichts? (amtl. Publ.)

Im Entscheid 4A_53/2017 vom 17. Okto­ber 2017 befasste sich das Bun­des­gericht unter anderem mit der Frage, ob ein trotz eines Rechtsmit­telverzichts ein­gere­icht­es Revi­sion­s­ge­such zuläs­sig war.

2014 leit­ete die Beschw­erde­führerin ein Schiedsver­fahren ein. Ein Dreier­schieds­gericht wurde bestellt, wobei die Beschw­erde­führerin den emer­i­tierten Pro­fes­sor N. als Schied­srichter beze­ich­net hat­te. Die Beschw­erde­führerin machte in diesem Ver­fahren gel­tend, dass zwei im Jan­u­ar 2009 geschlossene Verträge, mit denen die Beschw­erdegeg­ner­in die Kon­trolle über die Gesellschaft A. erlangt hat­te, nichtig waren. Mit Schiedsspruch vom 23. Dezem­ber 2016 wies das Schieds­gericht die Klage ab.

Die Beschw­erde­führerin erhob daraufhin eine Schieds­beschw­erde und stellte im Even­tu­al­stand­punkt ein Revi­sion­s­ge­such. Sie stellte gestützt auf Art. 190 Abs. 2 lit. a IPRG und even­tu­aliter auf Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG das Begehren, der Schiedsspruch sei aufzuheben und Pro­fes­sor N. sei anzuord­nen, in den Aus­stand zu treten. Die Beschw­erde­führerin begrün­dete ihren Antrag damit, dass sie Mitte Jan­u­ar 2017 erfahren habe, dass die A. im Okto­ber 2013 (als sie bere­its von der Beschw­erdegeg­ner­in beherrscht war) Pro­fes­sor N. in einem anderen Schiedsver­fahren als Schied­srichter beze­ich­net hat­te. Pro­fes­sor N. habe diesen Umstand nicht offen­gelegt, obwohl er geeignet war, berechtigte Zweifel an sein­er Unab­hängigkeit und Unparteilichkeit aufkom­men zu lassen.

Das Bun­des­gericht erk­lärte ein­lei­t­end, dass die Zuläs­sigkeit der Beschw­erde unter anderem voraus­set­zen würde, dass die Parteien keinen Rechtsmit­telverzicht gemäss Art. 192 Abs. 1 IPRG vere­in­bart hät­ten. Nach ein­er Zusam­men­fas­sung sein­er Recht­sprechung zum Rechtsmit­telverzicht wandte sich das Bun­des­gericht der fol­gen­den, in bei­den stre­it­be­trof­fe­nen Verträ­gen enthal­te­nen Bes­tim­mung zu:

Awards ren­dered in any arbi­tra­tion here­un­der shall be final and con­clu­sive and judg­ment there­on may be entered into any court hav­ing juris­dic­tion for enforce­ment there­of. There shall be no appeal to any court from awards ren­dered hereunder.”

Das Bun­des­gericht erk­lärte, dass es sich bei dieser Bes­tim­mung um einen gülti­gen Rechtsmit­telverzicht han­deln würde. Das Bun­des­gericht erachtete die Beru­fung fol­glich als unzulässig.

Betr­e­f­fend das Revi­sion­s­ge­such hat­te die Beschw­erde­führerin argu­men­tiert, dass nach einem Teil der Lehre Art. 192 IRPG nicht auf die Revi­sion anwend­bar sei und dass die Trag­weite der Verzichtsvere­in­barung ihrem Wort­laut nach nicht auf das ausseror­dentliche Recht­mit­tel der Revi­sion aus­geweit­et wer­den könne.

Das Bun­des­gericht erk­lärte, dass es angesichts der Sub­sidiar­ität der Revi­sion gegenüber der Beschw­erde in Zivil­sachen schw­er fall­en würde zu akzep­tieren, dass eine Partei, die aus­drück­lich auf die Beschw­erde und damit auf den Rüge­grund von Art. 190 Abs. 2 lit. a IPRG verzichtet hat­te, den­noch durch die Hin­tertür an das Bun­des­gericht gelan­gen könne, indem sie sich im Rah­men eines Revi­sion­s­ge­suchs auf den gle­ichen, vor Ablauf der Beschw­erde­frist ent­deck­ten Rüge­grund beruft. Art. 192 IPRG würde dadurch zum toten Buch­staben. Unter solchen Umstän­den eine Revi­sion zu ver­lan­gen sei treuwidrig. Das Bun­des­gericht trat fol­glich nicht auf das Revi­sion­s­ge­such ein.