Im auf französisch abgefassten und zur amtlichen Publikation vorgesehenen Entscheid vom 22. November 2017 befasste sich das BGer mit der Beschwerdelegitimation im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle. Im Jahr 2016 revidierte der Grosse Rat des Kantons Genf Art. 3 des Gesetzes betreffend die Ordnung des Grossen Rates (loi portant règlement du Grand Conseil; LRGC; RS/GE B 1 01). Das parlamentarische Initiativrecht sollte fortan nicht nur den Mitgliedern des Grossen Rates, sondern auch den Ersatzabgeordneten (den sogenannten Suppleanten) zukommen. Gegen die Gesetzesrevision gelangten A. (Genfer Bürger und Grossratsmitglied) und B. (Genfer Bürger und ehemaliges Grossratsmitglied) an das Kantonsgericht, welches auf die Beschwerde nicht eintrat. Das BGer hebt den Entscheid auf und weist die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurück.
Die Beschwerdeführer bringen vor, dass ihnen das Kantonsgericht die Beschwerdebefugnis gestützt auf Art. 60 Abs. 1 lit. b des Verwaltungsverfahrensgesetzes (loi sur la procédure administrative; LPA/GE; E 5 10) abgesprochen habe, was gegen Art. 89 Abs. 1 und Art. 111 BGG (Bundesgerichtsgesetz; SR 173.110) verstosse.
Das BGer hält fest, dass Art. 60 Abs. 1 lit. b LPA/GE inhaltlich mit Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG übereinstimme. Demnach müsse ein Beschwerdeführer für den Nachweis der Beschwerdelegitimation über eine schutzwürdige besondere Beziehungsnähe zur Streitsache verfügen. Bei der abstrakten Normenkontrolle reiche dazu ein virtuelles Interesse. Alleine mit der Zugehörigkeit zu einem politischen Gremium sei dieses virtuelle Interesse indessen nicht dargetan.
Im vorliegenden Fall sei es aber so, dass die Gesetzesrevision das parlamentarische Initiativrecht auf die Suppleanten ausweite. Dies könne zur Folge haben, dass die Grossräte eine zunehmende Anzahl von Geschäften zu bearbeiten hätten. Vor diesem Hintergrund sei das Vorliegen eines virtuellen Interesses in Erwägung zu ziehen. Daran ändere auch der von der Vorinstanz zitierte BGE 91 I 110, 115 nichts (in diesem Entscheid aus dem Jahr 1965 hielt das BGer fest, dass Personen über keine verfassungsmässigen Rechte verfügen, wenn sie durch einen Akt ausschliesslich in ihrer Eigenschaft als Behördenmitglied berührt sind). BGE 91 I 110 sei unter der Herrschaft des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege ergangen. Im Gegensatz zum vom BGG verlangten schützenswerten Interesse sei damals das Vorliegen eines rechtlich geschützten Interesses notwendig gewesen. Vor diesem Hintergrund hätte die Vorinstanz auf die Beschwerde von A. und B. eintreten müssen.