Mit Entscheid 4A_150/2017 vom 4. Oktober 2017 hiess das Bundesgericht eine Unzuständigkeitsrüge gut und stellte fest, dass das Schiedsgericht für die zu beurteilende Streitsache nicht zuständig war.
Die Versicherungsgesellschaft B. (Klägerin, Beschwerdegegnerin) leitete im April 2015 ein Schiedsverfahren gegen die Versicherungsgesellschaft A. (Beklagte, Beschwerdeführerin) ein und klagte auf Zahlung einer bestimmten Summe. Die Beklagte berief sich auf die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts und stellte sich auf den Standpunkt, die staatlichen Gerichte seien zuständig, über den Rechtsstreit zwischen den Parteien zu entscheiden. Das bestellte Dreierschiedsgericht erklärte sich mit Schiedsspruch (“Arbitral Partial Award”) vom 15. Februar 2017 für zuständig.
Die Beschwerdeführerin rügte, das Schiedsgericht habe sich zu Unrecht für zuständig erklärt, da keine gültige Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien vorliege (Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG).
Das Bundesgericht erklärte einleitend, dass es sich beim “Arbitral Partial Award” um einen Zwischenentscheid über die Zuständigkeit handeln würde, der nach Art. 190 Abs. 3 IPRG angefochten werden kann.
Bei der Auslegung einer Schiedsvereinbarung ist gemäss Bundesgericht deren Rechtsnatur zu berücksichtigen; insbesondere ist zu beachten, dass mit dem Verzicht auf ein staatliches Gericht die Rechtsmittelwege stark eingeschränkt werden. Ein solcher Verzichtswille kann nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht leichthin angenommen werden, weshalb im Zweifelsfall eine restriktive Auslegung geboten ist. Steht demgegenüber als Auslegungsergebnis fest, dass die Parteien die Streitsache von der staatlichen Gerichtsbarkeit ausnehmen und einer Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterstellen wollten, bestehen jedoch Differenzen hinsichtlich der Abwicklung des Schiedsverfahrens, greift grundsätzlich der Utilitätsgedanke Platz; danach ist möglichst ein Vertragsverständnis zu suchen, das die Schiedsvereinbarung bestehen lässt.
Vor Bundesgericht war strittig, ob das Schiedsgericht einen tatsächlichen übereinstimmenden Parteiwillen mit Bezug auf die Streiterledigung durch ein Schiedsgericht festgestellt oder ob es die abgeschlossenen Verträge nach dem Vertrauensprinzip ausgelegt hatte. Das Bundesgericht gelangte zum Schluss, dass nicht von einer vom Schiedsgericht festgestellten tatsächlichen Willensübereinstimmung der Parteien auszugehen war, bestimmte Streitigkeiten verbindlich unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit einem Schiedsgericht zu unterbreiten. Entsprechend waren die Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die Vertragsauslegung im angefochtenen Entscheid die massgebenden Grundsätze der Auslegung nach dem Vertrauensprinzip verletzten, im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren zu prüfen.
Zwischen den Parteien war unbestritten, dass sie im Rahmen ihrer Vertragsbeziehung sowohl an den Retrovertrag vom 4. Mai 2010 als auch an den Vertragsnachtrag Nr. 2 vom 8. Juni 2010 gebunden waren. In keinem der beiden Verträge fand sich eine Schiedsklausel; der Vertrag vom 4. Mai 2010 enthielt jedoch eine Gerichtsstandsklausel.
Das Schiedsgericht hatte seine Zuständigkeit im Wesentlichen mit einer von der Beschwerdeführerin im April 2010 unterzeichneten und auf eine Schiedsklausel verweisende Offerte an eine Drittpartei und der internationalen Rückversicherungspraxis begründet. Das Bundesgericht lehnte diese Argumentation ab. Nach Treu und Glauben war gemäss Bundesgericht davon auszugehen, dass die Parteien der später tatsächlich abgeschlossenen Verträge an weggelassene Bestimmungen — wie unter anderem die Schiedsklausel — auch nicht gebunden sein wollten. Dem Bundesgericht vermochte nich einzuleuchten, dass die Parteien mit vorliegendem Vertragsschluss eine zurückgewiesene Vertragsofferte an eine Drittperson als anwendbar erklärt hätten.
Zwar führte das Schiedsgericht gemäss Bundesgericht nachvollziehbar aus, dass bei der Rückversicherung das vom Direktversicherer gedeckte Risiko auf den Rückversicherer und gegebenenfalls auf dessen Rückversicherer überbunden wird. Dabei mag es als sinnvoll erscheinen, die verschiedenen Ebenen der Rückversicherung jeweils vertraglich gleich auszugestalten und auch hinsichtlich der Streiterledigung einheitliche Bestimmungen vorzusehen. Doch argumentierte das Bundesgericht, dass entgegen dem, was das Schiedsgericht anzunehmen schien, aus der Zweckmässigkeit einer solchen Vertragsordnung nicht ohne Weiteres abgeleitet werden kann, eine solche sei auch vereinbart worden. Das Bundesgericht argumentierte, dass in rechtlicher Hinsicht die verschiedenen Versicherungsverträge, die jeweils zwischen unterschiedlichen Vertragsparteien abgeschlossen wurden, auseinanderzuhalten sind. Aus dem blossen Umstand, dass der Rückversicherungsvertrag zwischen der Drittpartei und der Beschwerdegegnerin eine Schiedsklausel enthält, liess sich kein mutmasslicher Wille der Parteien des Retrovertrags ableiten, bei Streitigkeiten aus ihrem Vertragsverhältnis ebenfalls auf die staatliche Gerichtsbarkeit zu verzichten.
Gemäss Bundesgericht lag demnach keine gültige Schiedsvereinbarung vor und das Schiedsgericht hatte sich zu Unrecht für zuständig erklärt.