4A_244/2012: fehlende Schiedsvereinbarung zugunsten des TAS wegen fehlender Bestimmtheit der Schiedsvereinbarung

Das BGer heisst im vor­liegen­den Urteil eine Beschw­erde gegen einen Schied­sentscheid des TAS gut, weil das TAS seine Zuständigkeit zu Unrecht bejaht hat­te (vgl. die Zusam­men­fas­sung auf englisch bei PLC). Das TAS hat­te seine Zuständigkeit aus ein­er Schied­sklausel in einem Employ­ment Agree­ment zwis­chen einem Fuss­ball­club und einem Spiel­er abgeleit­et. Später hat­ten die Parteien jedoch mit Bezug auf das Arbeitsver­hält­nis ein “Set­tle­ment Agree­ment” geschlossen, das fol­gende Klausel enthielt: “This Agree­ment is to be con­strued in accor­dance with Swiss Law and each of the par­ties here­to sub­mits to the non-exclu­sive juris­dic­tion of the Swiss Courts.”

Die Stre­itschlich­tungsklauseln in den bei­den Verträ­gen ste­hen zueinan­der im Wider­spruch. Vor allem bedeutet “non-exclu­sive” in der zitierten Klausel nicht etwa, dass ein Wahlrecht zwis­chen einem Schieds- und einem staatlichen Gericht beste­ht (ob ein solch­es gültig wäre, liess das BGer deshalb aus­drück­lich offen), son­dern nur zwis­chen schweiz­erischen und aus­ländis­chen staatlichen Gerichten

[…] ist die
Wahl eines nicht auss­chliesslichen Gerichts­stands (“sub­mits to the
non-exclu­sive juris­dic­tion”) grund­sät­zlich dahinge­hend aufz­u­fassen, dass
neben dem ver­traglich als zuständig erk­lärten auch andere staatliche
Gerichte angerufen wer­den kön­nen. In Zif­fer 25 [sc. die oben zitierte Klausel] wer­den daher lediglich
die Schweiz­er Gerichte als zuständig erk­lärt, ohne einen Zivilprozess
vor einem anderen zuständi­gen staatlichen Gericht auszuschliessen

Der daraus fol­gende Wider­spruch ist deshalb bedeut­sam, weil Schied­sklauseln grund­sät­zlich restrik­tiv auszule­gen sind: 

Bei der Ausle­gung ein­er Schiedsvere­in­barung ist deren Recht­snatur zu berück­sichti­gen; ins­beson­dere ist zu beacht­en, dass mit dem Verzicht auf ein staatlich­es Gericht die Rechtsmit­tel­wege stark eingeschränkt wer­den. Ein solch­er Verzichtswille kann nach bun­des­gerichtlich­er Recht­sprechung nicht leichthin angenom­men wer­den, weshalb im Zweifels­fall eine restrik­tive Ausle­gung geboten ist […]

Im vor­liegen­den Fall fehlte auf­grund des Wider­spruchs die erforder­liche Ein­deutigkeit des Verzichts auf die staatliche Gerichts­barkeit, so dass keine gültige Schied­sklausel vorlag:

Der ver­traglichen Abmachung fehlt es damit an der Bestimmtheit
hin­sichtlich der Stre­it­entschei­dung durch ein Schieds­gericht; ihr lässt
sich nach dem Ver­trauen­sprinzip keine übere­in­stim­mende Willenserklärung
ent­nehmen, Stre­it­sachen aus dem Ver­trag von der staatlichen
Gerichts­barkeit auszunehmen und ein­er Entschei­dung durch ein
Schieds­gericht zu unterstellen. 

Auch eine Gesamt­be­tra­ch­tung des Employ­ment Agree­ment und des Set­tle­ment Agree­ment ergab nichts anderes, so dass das TAS im Ergeb­nis nicht zuständig war: 

4.6 Damit kommt nach dem Ver­trauen­sprinzip wed­er im Employ­ment Agree­ment noch im Set­tle­ment Agree­ment ein hin­re­ichend klar­er Wille der Parteien zum Aus­druck, die Stre­it­sache von der staatlichen Gerichts­barkeit auszunehmen und darüber ein Schieds­gericht entschei­den zu lassen. Vielmehr ist davon auszuge­hen, dass die Parteien nicht auf die staatliche Gerichts­barkeit verzicht­en, son­dern den ordentlichen Rechtsweg im Gegen­teil offen hal­ten woll­ten. […]

Da eine gültige Schiedsvere­in­barung damit fehlte, spielte auch das Util­ität­sprinzip keine Rolle:

Ste­ht […] als Ausle­gungsergeb­nis fest, dass die Parteien die Stre­it­sache von der staatlichen Gerichts­barkeit aus­nehmen und ein­er Entschei­dung durch ein Schieds­gericht unter­stellen woll­ten, beste­hen jedoch Dif­feren­zen hin­sichtlich der Abwick­lung des Schiedsver­fahrens, greift grund­sät­zlich der Util­itäts­gedanke Platz; danach ist möglichst ein Ver­tragsver­ständ­nis zu suchen, das die Schiedsvere­in­barung beste­hen lässt […].