Das BGer heisst im vorliegenden Urteil eine Beschwerde gegen einen Schiedsentscheid des TAS gut, weil das TAS seine Zuständigkeit zu Unrecht bejaht hatte (vgl. die Zusammenfassung auf englisch bei PLC). Das TAS hatte seine Zuständigkeit aus einer Schiedsklausel in einem Employment Agreement zwischen einem Fussballclub und einem Spieler abgeleitet. Später hatten die Parteien jedoch mit Bezug auf das Arbeitsverhältnis ein “Settlement Agreement” geschlossen, das folgende Klausel enthielt: “This Agreement is to be construed in accordance with Swiss Law and each of the parties hereto submits to the non-exclusive jurisdiction of the Swiss Courts.”
Die Streitschlichtungsklauseln in den beiden Verträgen stehen zueinander im Widerspruch. Vor allem bedeutet “non-exclusive” in der zitierten Klausel nicht etwa, dass ein Wahlrecht zwischen einem Schieds- und einem staatlichen Gericht besteht (ob ein solches gültig wäre, liess das BGer deshalb ausdrücklich offen), sondern nur zwischen schweizerischen und ausländischen staatlichen Gerichten
[…] ist die
Wahl eines nicht ausschliesslichen Gerichtsstands (“submits to the
non-exclusive jurisdiction”) grundsätzlich dahingehend aufzufassen, dass
neben dem vertraglich als zuständig erklärten auch andere staatliche
Gerichte angerufen werden können. In Ziffer 25 [sc. die oben zitierte Klausel] werden daher lediglich
die Schweizer Gerichte als zuständig erklärt, ohne einen Zivilprozess
vor einem anderen zuständigen staatlichen Gericht auszuschliessen
Der daraus folgende Widerspruch ist deshalb bedeutsam, weil Schiedsklauseln grundsätzlich restriktiv auszulegen sind:
Bei der Auslegung einer Schiedsvereinbarung ist deren Rechtsnatur zu berücksichtigen; insbesondere ist zu beachten, dass mit dem Verzicht auf ein staatliches Gericht die Rechtsmittelwege stark eingeschränkt werden. Ein solcher Verzichtswille kann nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht leichthin angenommen werden, weshalb im Zweifelsfall eine restriktive Auslegung geboten ist […]
Im vorliegenden Fall fehlte aufgrund des Widerspruchs die erforderliche Eindeutigkeit des Verzichts auf die staatliche Gerichtsbarkeit, so dass keine gültige Schiedsklausel vorlag:
Der vertraglichen Abmachung fehlt es damit an der Bestimmtheit
hinsichtlich der Streitentscheidung durch ein Schiedsgericht; ihr lässt
sich nach dem Vertrauensprinzip keine übereinstimmende Willenserklärung
entnehmen, Streitsachen aus dem Vertrag von der staatlichen
Gerichtsbarkeit auszunehmen und einer Entscheidung durch ein
Schiedsgericht zu unterstellen.
Auch eine Gesamtbetrachtung des Employment Agreement und des Settlement Agreement ergab nichts anderes, so dass das TAS im Ergebnis nicht zuständig war:
4.6 Damit kommt nach dem Vertrauensprinzip weder im Employment Agreement noch im Settlement Agreement ein hinreichend klarer Wille der Parteien zum Ausdruck, die Streitsache von der staatlichen Gerichtsbarkeit auszunehmen und darüber ein Schiedsgericht entscheiden zu lassen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Parteien nicht auf die staatliche Gerichtsbarkeit verzichten, sondern den ordentlichen Rechtsweg im Gegenteil offen halten wollten. […]
Da eine gültige Schiedsvereinbarung damit fehlte, spielte auch das Utilitätsprinzip keine Rolle:
Steht […] als Auslegungsergebnis fest, dass die Parteien die Streitsache von der staatlichen Gerichtsbarkeit ausnehmen und einer Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterstellen wollten, bestehen jedoch Differenzen hinsichtlich der Abwicklung des Schiedsverfahrens, greift grundsätzlich der Utilitätsgedanke Platz; danach ist möglichst ein Vertragsverständnis zu suchen, das die Schiedsvereinbarung bestehen lässt […].