Im Entscheid 4A_119/2012 vom 6. August 2012 befasste sich das Bundesgericht mit der Frage, ob das Handelsgericht des Kantons Zürich den sachlichen Anwendungsbereich einer Schiedsvereinbarung verletzte, indem es sich für zuständig erklärte, bestimmte Ansprüche zu beurteilen.
Die Beschwerdegegnerin erhob Klage vor dem Handelsgericht des Kantons Zürich. Die Beschwerdeführerin erhob Schiedseinrede und beantragte, dass auf die Klage nicht einzutreten sei. Das Handelsgericht wies die Unzuständigkeitseinrede teilweise ab und erklärte sich für zuständig, bestimmte Ansprüche zu beurteilen. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Beschluss Beschwerde vor Bundesgericht.
Das Bundesgericht erklärte einleitend (E. 3.1):
Da die Beschwerdeführerin eine Schiedsvereinbarung anruft, laut der das
vereinbarte Schiedsgericht seinen Sitz in der Schweiz hat, ist die
Schiedseinrede nach Art. 7 IPRG zu beurteilen (BGE 122 III 139
E. 2a). Gemäss dieser Bestimmung lehnt das angerufene schweizerische
Gericht seine Zuständigkeit ab, falls die Parteien über eine
schiedsfähige Streitsache eine Schiedsvereinbarung getroffen haben, es
sei denn, a. der Beklagte habe sich vorbehaltlos auf das Verfahren
eingelassen, b. das Gericht stelle fest, die Schiedsvereinbarung sei
hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar, oder c. das Schiedsgericht
könne nicht bestellt werden aus Gründen, für die der im Schiedsverfahren
Beklagte offensichtlich einzustehen hat. Der Umstand, dass eine gültige
und auf den Streitgegenstand anwendbare Schiedsvereinbarung vorliegt,
führt also mangels Einlassung des Beklagten grundsätzlich dazu, dass das
staatliche Gericht den Kläger auf das Schiedsverfahren zu verweisen
hat, und zwar unabhängig davon, ob dieses bereits eingeleitet wurde oder
nicht (…).
Das Bundesgericht verwies an dieser Stelle auf seine Rechtsprechung, wonach dem staatlichen Gericht nur eine beschränkte Kognition zukomme (E. 3.2):
Wird vor dem angerufenen staatlichen Gericht der Einwand seiner
Unzuständigkeit zugunsten eines Schiedsgerichts mit Sitz in der Schweiz
erhoben, steht dem staatlichen Gericht nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung nur eine beschränkte Kognition zu. Es hat seine
Zuständigkeit abzulehnen, wenn nicht eine summarische Prüfung der
Schiedsvereinbarung deren Hinfälligkeit, Unwirksamkeit oder
Nichterfüllbarkeit ergibt (BGE 122 III 139 E. 2b). Damit soll verhindert werden, dass der Entscheid des Schiedsgerichts über seine eigene Zuständigkeit (Art. 186 Abs. 1 und 1bis IPRG) durch den Entscheid des staatlichen Gerichts präjudiziert wird.
Der Kritik in der Lehre gegen diese Rechtsprechung hielt das Bundesgericht entgegen (3.2):
Gerechtfertigt ist die in diesem Stadium beschränkte Kognition des
staatlichen Gerichts dadurch, dass später im Rahmen der Anfechtung des
Schiedsspruchs die staatliche Rechtsmittelinstanz mit voller Kognition
überprüfen kann, ob sich das Schiedsgericht zu Recht für zuständig oder
unzuständig erklärt hat (Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG).
Daher ist es richtig, wenn das staatliche Gericht bei der Beurteilung
einer Schiedseinrede aufgrund einer beschränkten Prüfung der Wirksamkeit
und Erfüllbarkeit der Schiedsvereinbarung im Zweifel zu Gunsten des
Schiedsgerichts entscheidet.
Das Bundesgericht rechtfertigte seine Rechtsprechung auch mit Verweis auf die gesetzliche Regelung in Art. 61 ZPO für die Binnenschiedsgerichtsbarkeit.
Das Bundesgericht hielt folglich fest (E. 3.2):
An der dargelegten Rechtsprechung zu Art. 7 lit. b IPRG
ist vor diesem Hintergrund festzuhalten. Das staatliche Gericht, das
eine Schiedsvereinbarung zugunsten eines Schiedsgerichts mit Sitz in der
Schweiz zu beurteilen hat, darf und muss folglich auch weiterhin bloss
summarisch prüfen, ob diese seine eigene Zuständigkeit für die
eingeklagten Ansprüche ausschliesst. Dies bedeutet, dass sich das
Gericht nur für zuständig erklären darf, wenn zwischen den Parteien
offensichtlich keine wirksame Schiedsvereinbarung vorliegt. Die beklagte
Partei obsiegt mithin bereits dann, wenn die Zuständigkeit des
staatlichen Gerichts auf den ersten Blick als durch die
Schiedsvereinbarung derogiert erscheint.
Das Bundesgericht präzisierte, dass die beschränkte Kognition auch dann greife, wenn die Tragweite der Schiedsvereinbarung zu prüfen sei (E. 3.3):
Die beschränkte Kognition des staatlichen Richters betrifft nicht nur
die Konstellation, in der das Zustandekommen oder die Gültigkeit der
Schiedsvereinbarung umstritten ist, sondern auch den Fall, dass
Uneinigkeit darüber besteht, ob sich die Schiedsvereinbarung auf die vor
dem staatlichen Gericht geltend gemachten Ansprüche erstreckt. Denn
auch die Frage der inhaltlichen Tragweite der Schiedsvereinbarung kann
später im Rahmen der Anfechtung des Schiedsspruchs gemäss Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG überprüft werden (BGE 116 II 639
E. 3 S. 642; Urteil 4A_210/2008 vom 29. Oktober 2008 E. 3.1), weshalb
dem staatlichen Gericht auch insofern bei der Beurteilung einer
Schiedseinrede nur eine summarische Prüfungsbefugnis zusteht (Urteil
4A_436/2007 vom 9. Januar 2008 E. 3).
Auf den konkreten Fall bezogen erklärte das Bundesgericht, dass das Handelsgericht die Tragweite der Schiedsvereinbarung soweit erkennbar frei geprüft habe, weshalb zu untersuchen sei, ob die gebotene summarische Prüfung zu einem abweichenden Ergebnis geführt hätte.
Nach erfolgter Prüfung gelangte das Bundesgericht zum Schluss, dass das Handelsgericht die Tragweite der Schiedsvereinbarung zu restriktiv ausgelegt habe (E. 4.4):
Aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung (Erwägung
3) vermag die Auffassung der Vorinstanz, die Schiedsvereinbarung
erstrecke sich nicht auf die von der Beschwerdegegnerin geltend
gemachten alternativen Anspruchsgrundlagen (“anderes Auftragsverhältnis”
respektive “Geschäftsführung ohne Auftrag”), nicht zu überzeugen: Ist wie hier unbestritten, dass eine
Schiedsvereinbarung vorliegt, so besteht kein Anlass zu einer besonders
restriktiven Auslegung. Vielmehr ist dem Anliegen der Parteien Rechnung
zu tragen, die Streitsache durch ein Schiedsgericht entscheiden zu
lassen (BGE 129 III 675
E. 2.3 S. 681). In diesem Sinne ist, wenn die Parteien schon eine
Schiedsabrede getroffen haben, davon auszugehen, dass sie eine
umfassende Zuständigkeit des Schiedsgerichts wünschen (BGE 116 Ia 56 E. 3b mit Hinweisen). Wenn eine Schiedsvereinbarung so formuliert ist, dass
sie auch die sich “im Zusammenhang mit dem” Vertrag ergebenden
Streitigkeiten erfassen soll, muss dies nach Treu und Glauben so
verstanden werden, dass die Parteien nicht wünschten, über die aus ihrer
vertraglich geregelten Beziehung resultierenden Ansprüche unter
verschiedenen Rechtstiteln einerseits vor dem Schiedsgericht und
andererseits vor staatlichen Gerichten zu prozessieren. Vielmehr ist im
Sinne des mutmasslichen Parteiwillens davon auszugehen, dass die
Parteien alle Ansprüche, die sich aus dem vom Vertrag geregelten
Sachverhalt ergeben oder diesen unmittelbar berühren, der
ausschliesslichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts zuweisen wollten
(…).
Folglich hiess das Bundesgericht die Beschwerde gut.