Mit der am Freitag, 2. März 2018, eröffneten Vernehmlassung schlägt der Bundesrat punktuelle Änderungen in der Schweizerischen Zivilprozessordnung vor. Er reagiert damit auf verschiedene parlamentarische Verstösse sowie die Motion 14.4008, mit welcher die Praxistauglichkeit der ZPO insgesamt zu prüfen und allfällige Änderungen vorzuschlagen sind, und die Motion 13.3931, mit welcher die kollektive Rechtsdurchsetzung gefördert und ausgebaut werden soll. Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen folgende Bereiche:
Abbau der Kostenschranken:
- Die Prozesskostenvorschüsse sollen halbiert werden, um damit die heutige faktische Zugangsschranke zum Gericht abzubauen.
- Die Liquidation der Gerichtskosten soll neu geregelt werden, indem sich das Gericht für die Gerichtskosten ausschliesslich an die unterliegende Partei halten soll. Damit soll das heute der klagenden Partei auferlegte Risiko wegfallen.
Kollektiver Rechtsschutz, Lückenschliessung. Unternehmen sollen Ansprüche aus Massenschäden in einem einzigen Verfahren mit einem Verbandskläger beilegen können, indem:
- sie neu mit einem Gruppenvergleichsverfahren eine einvernehmliche kollektive Streiterledigung mit Wirkung für alle Geschädigten erreichen können sollen; und
- die Verbandsklage für die klageweise kollektive Durchsetzung von finanziellen Ansprüchen zuzulassen ist.
Weitere Änderungen:
- Die Verfahrenskoordination und damit die effiziente Geltendmachung und Entscheidung über mehrere Ansprüche soll vereinfacht werden, was ebenfalls die kollektive Rechtsdurchsetzung erleichtern soll. Dabei sollen die Bestimmungen über die Streitgenossenschaft, die Streitverkündungsklage, die Klagenhäufung und die Widerklage angepasst werden. Zukünftig soll nicht mehr die gleiche Verfahrensart vorausgesetzt werden.
- Das Schlichtungsverfahren soll gestärkt werden, indem es in weiteren Streitigkeiten zum Zug kommt und die Kompetenz der Schlichtungsbehörden zu Entscheidvorschlägen ausgebaut wird.
- Der Umgang mit Eingaben an ein unzuständiges Gericht oder an eine falsche Behörde soll anwendungsfreundlicher gestaltet werden.
- Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur ZPO soll punktuell in das Gesetz aufgenommen werden. Dabei geht es namentlich um die Zulässigkeit von Rechtsmitteln, die (sachliche) Zuständigkeit (z.B. des Handelsgerichts), die Zulässigkeit der unentgeltliche Rechtspflege für die vorsorgliche Beweisführung oder die Zulässigkeit privater Gutachten als Urkunden.
- Ein Mitwirkungsverweigerungsrecht für Unternehmensjuristen soll eingeführt werden.
Der Vorentwurf und der erläuternde Bericht sind online abrufbar. Die Vernehmlassungsfrist dauert bis 11. Juni 2018.