4A_296/2017: GAV-Unterstellung; Tätigkeit, die dem Betrieb das Gepräge gibt; Veränderungen im Handelsvolumen

Die Zen­trale Par­itätis­che Beruf­skom­mis­sion Schrein­ergewerbe (ZPK) mit Sitz in Zürich bzw. in deren Auf­trag die Par­itätis­che Beruf­skom­mis­sion Schrein­ergewerbe des Kan­tons Luzern wollte eine Kon­trolle im Betrieb der A. AG durch­führen. Die A. AG ver­weigerte die Kon­trolle, da sie nicht unter den GAV falle.

Die ZPK klagte deshalb vor Bezirks­gericht Willisau auf Dul­dung der Kon­trolle. Bezüglich der Vor­frage der Unter­stel­lung einigten sich die Parteien auf ein Schiedsver­fahren. Im Schiedsspruch wurde fest­gestellt, dass die A. AG dem GAV unter­stellt ist. Das Bezirks­gericht Willisau hiess daher die Klage auf Dul­dung der Kon­trolle gut. Die dage­gen erhobene Beschw­erde wies das Kan­ton­s­gericht Luzern ab. Das Bun­des­gericht wies die Beschw­erde ab, soweit es darauf ein­trat (Urteil 4A_296/2017 vom 30. Novem­ber 2017).

Das Bun­des­gericht hat­te ins­beson­dere die Frage der Unter­stel­lung zu prüfen und verneinte in diesem Zusam­men­hang eine Ver­let­zung des rechtlichen Gehörs man­gels sub­stanzi­iert­er Bestre­itung (E. 1.4 und 1.4.7). Das Gericht hielt ein­lei­t­end fest, dass die Frage, welchem Wirtschaft­szweig ein Unternehmen zuzurech­nen ist, sich nach der tat­säch­lichen Tätigkeit beant­wortet, die dem Unternehmen das Gepräge gibt (E. 1.4.1). Tat­frage ist dabei, welche Tätigkeit­en im Betrieb in welchem Aus­mass vorkom­men. Rechts­frage ist dage­gen, welche der fest­gestell­ten Tätigkeit­en dem Betrieb das Gepräge geben (E. 1.4.1).

Wird darauf abgestellt, ob das Geschäftsvol­u­men im Han­del oder in der Pro­duk­tion über­wiegt, ist gemäss Bun­des­gericht zu beacht­en, dass Verän­derun­gen im Vol­u­men ger­ade beim Han­del auch durch Umstände bed­ingt sein kön­nen, die keinen direk­ten Zusam­men­hang mit der Betrieb­stätigkeit aufweisen und sich auf die prä­gende Tätigkeit nicht merk­lich auswirken. Wird in solchen Sit­u­a­tio­nen allein auf das Geschäftsvol­u­men abgestellt, hängt die Unter­stel­lung unter den GAV von mehr oder weniger zufäl­li­gen Schwankun­gen in den Geschäft­szahlen ab und nicht mehr von der tat­säch­lichen Tätigkeit. Aus diesem Grund ist mass­gebend, ob die Verän­derung des Geschäftsvol­u­mens durch eine Verän­derung der Tätigkeit des Betriebes verur­sacht wurde oder ob Schwankun­gen im Erfolg bei grund­sät­zlich unverän­dert aus­geübter Tätigkeit zum verän­derten Vol­u­men geführt haben (zum Ganzen E. 1.4.4).

Im konkreten Fall kon­nte das Bun­des­gericht die Ursachen für die Schwankun­gen im Geschäftsvol­u­men nicht weit­er prüfen. Zwar hat­te die A. AG gel­tend gemacht, vom GAV erfasst werde nur die Sarg­pro­duk­tion und der Han­del mit Sär­gen habe im Betrieb so stark zugenom­men, dass er das Vol­u­men der Pro­duk­tion über­wiege. Gemäss Bun­des­gericht war indessen nicht genü­gend sub­stanzi­iert, inwiefern sich die Zunahme im Han­delsvol­u­men konkret auf die Sargfab­rika­tion und damit das Gepräge des Betriebes aus­gewirkt hat­ten. Damit blieb es bei der vorin­stan­zlichen Fest­stel­lung, dass der Betrieb Särge pro­duziere und deshalb dem GAV unter­stellt sei (E. 1.4.6 und 1.4.7).