4A_586/2017: Schadensberechnung bei Anlageberatung (amtl. Publ.)

Hin­ter­grund dieses Urteils bilde­ten Schaden­er­satzansprüche, die ein Bankkunde gegen seine Bank erhob. Der Kunde machte gel­tend, dass er durch nicht von ihm ange­ord­nete oder nicht genehmigte Transak­tio­nen einen Schaden erlit­ten hätte. Das Han­dels­gericht Zürich hiess die Klage teil­weise gut. Es stellte dabei fest, dass die Kun­den­ber­a­terin der Bank 16 Posi­tio­nen für das Depot des Klägers ohne dessen Weisung erwor­ben hätte. Der Kläger habe zwar den durch diese nicht genehmigten Einze­lan­la­gen jew­eils verur­sacht­en Ver­lust oder Gewinn unter hypo­thetis­ch­er Berück­sich­ti­gung weisungs­gemäss­er Anla­gen nicht dargelegt. Indessen haben er gestützt auf den gesamten Depotwerts einen für als im Sinne von Art. 42 Abs. 2 OR genü­gend sub­stanzi­ierten Schaden behauptet. Gestützt auf den Ver­lust, den der Kunde auf seinem gesamten, bei der Bank deponierten Ver­mö­gen erlit­ten hat­te, schätzte das Han­dels­gericht den Schaden gestützt auf Art. 42 Abs. 2 OR (E. B., E. 2.1.2, E. 2.3.1 und E. 2.3.5).

Das Bun­des­gericht hiess die von der Bank erhobene Beschw­erde gut und wies die Klage des Bankkun­den ab. Es erin­nerte daran, dass im Zusam­men­hang mit der Abwick­lung von Anlagegeschäften bei der Schadens­berech­nung wie fol­gt zu dif­feren­zieren sei (E. 2.2):

Ein­er­seits kann eine Schädi­gung auf­grund sorgfaltswidriger Ver­wal­tung eines gesamten Port­fo­lios, durch Ver­fol­gung ein­er pflichtwidri­gen Anlages­trate­gie, erwach­sen. Ander­seits kann sich das sorgfaltswidrige Ver­hal­ten auf einzelne und damit bes­timm­bare pflichtwidrige Anla­gen beschränken. Im ersten Fall ist auf das gesamte zur Ver­wal­tung übergebene Ver­mö­gen abzustellen, im zweit­en Fall dage­gen bloss auf den Teil des Ver­mö­gens, der für die sorgfaltswidri­gen Anla­gen einge­set­zt wurde (Ver­weise).

Das Bun­des­gericht erwog sodann, dass die Abgren­zung zwis­chen pflichtwidri­gen Einze­lan­la­gen und einem gesamthaft pflichtwidrig angelegten Porte­feuille im Einzelfall schwierig sein könne. In der Lehre werde zwar daran fest­ge­hal­ten, dass als Faus­tregel davon auszuge­hen sei, dass eine gesamthaft pflichtwidrige Anlage nur vor­liege, wenn die pflichtwidri­gen Anla­gen nicht mehr einzeln bes­timm­bar seien. Dieser Grund­satz werde aber eingeschränkt, wenn im Ver­hält­nis zu den einzeln bes­timm­baren pflichtwidri­gen Anla­gen nicht genü­gend pflichtkon­forme Anla­gen vor­liegen wür­den. Für diesen Fall werde aus Prak­tik­a­bil­itäts­grün­den vertreten, es sei das gesamte Kap­i­tal der Dif­feren­zhy­pothese zu unter­w­er­fen. Ein pflichtwidrig ver­wal­tetes Depot liege somit vor, wenn der Anteil pflichtwidriger Anla­gen die pflichtkon­for­men über­wiegen würde bzw. die Abwe­ichung von der ursprünglich vere­in­barten Anlages­trate­gie sich deut­lich in den Ver­mö­gen­sausweisen man­i­festiere. Ob diese Voraus­set­zun­gen im vor­liegen­den Fall gegeben wären, hätte das Han­dels­gericht Zürich indessen nicht geprüft (E. 2.3.3).

Sodann sei — so das Bun­des­gericht weit­er — daran festzuhal­ten, dass der aus den einzel­nen Transak­tio­nen resul­tierende Schaden je geson­dert behauptet und bewiesen wer­den müsse, wenn die pflichtwidrig aus­ge­führten Transak­tio­nen einzeln bes­timm­bar seien. Es ver­warf die Auf­fas­sung des Han­dels­gerichts, wonach bei ein­er (abso­lut) grossen Anzahl pflichtwidriger Einze­lan­la­gen eine Schadens­berech­nung nicht mehr möglich oder wenig­stens nicht mehr zumut­bar sei. Zwar müsse der Schaden, der durch eine einzelne pflichtwidrige Anlage entste­he, unter Umstän­den auf­grund all­ge­mein­er Para­me­ter geschätzt wer­den. Doch erlaube dies keine Abwe­ichung vom Grund­satz, dass die Schaden­er­satzpflicht sich allein nach den Fol­gen pflichtwidriger Hand­lun­gen bemesse und die Fol­gen pflicht­gemässen Ver­hal­tens sich wed­er zum Vorteil noch zum Nachteil des Haftpflichti­gen auswirken soll­ten (E. 2.3.4).