Gegenstand dieses Urteils bildete — vereinfacht — ein am 20. Juli 2006 abgeschlossener Darlehensvertrag, in welchem die Parteien den 6‑Monats LIBOR-CHF-Zins zuzüglich 0.0375% als Zinssatz vereinbart hatten. Mit der Einführung von Negativzinsen sowie der Ankündigung der Aufhebung des CHF-EUR-Mindestkurses im Januar 2015 durch die SNB kippte der 6‑Monats LIBOR-CHF-Satz ins Minus. Am 4. September 2015 forderte die Darlehensnehmerin den Darlehensgeber auf, den Zins gemäss vertraglich festgelegter Formel zu berechnen und ihr den daraus resultierenden Negativzins zu überweisen. Der Darlehensgeber wies die Forderung zurück und stellte sich auf den Standpunkt, der Darlehensvertrag enthalte keine ausdrückliche Regelung für den unerwarteten Fall, dass der 6‑Monats LIBOR-CHF-Satz ins Negative falle. In jedem Fall sehe der Darlehensvertrag keine Zinszahlung des Darlehensgebers zugunsten der Darlehensnehmerin vor. Die Darlehensnehmerin reichte Klage ein, unterlag jedoch sowohl vor dem Genfer Tribunal de première instance sowie der Chambre civil de la Cour de justice, welche die vom Darlehensgeber vertretene Vertragsauslegung schützte.
Das Bundesgericht erinnerte zunächst daran, dass der Darlehenszins das Entgelt und damit die Gegenleistung für das Zurverfügungstellen von Kredit darstelle (Verweis u.a. auf BGE 136 III 247, E. 5). Entsprechend dieser Definition stelle ein Negativzins keinen Zins im juristischen Sinne gemäss den Bestimmungen des OR dar (E. 3.3).
Sodann wies das Bundesgericht darauf hin, dass der Darlehensnehmer grundsätzlich zur Rückerstattung von Sachen der nämlichen Art in gleicher Menge und Güte verpflichtet sei (Art. 312 Abs. 1 OR), die Parteien indessen frei seien, eine abweichende Regelung zu treffen. Gemäss herrschender Lehre könnten die Parteien sogar vereinbaren, dass der Darlehensnehmer weniger zurückzuerstatten habe, als er vom Darlehensgeber erhalten hätte, in welchem Fall die Differenz eine Schenkung darstelle. Heikel sei indessen die Frage, ob Negativzinse mit dem Charakter eines Darlehensvertrags vereinbar seien. Immerhin würden Negativzinse das Gleichgewicht des Darlehensvertrags beeinflussen, da die Zinse nicht mehr die Gegenleistung für das Zurverfügungstellen von Kredit darstellen würden. Die Parteien seien indessen frei in ihrer Regelung und der Vertrag sei gegebenfalls als atypischer Darlehensvertrag oder als Innominatvertrag zu qualifizieren (E. 3.5.2).
Da die Parteien vertraglich nichts ausdrücklich vereinbart hatten und der tatsächliche gemeinsame Wille der Parteien nicht erstellt werden konnte, legte das Bundesgericht den Vertrag in der Folge gemäss dem Vertrauensprinzip aus (E. 3.5.2). Dabei verwies es zunächst auf die in der Lehre vertretenen Auffassungen über die Folgen, wenn der Referenzzinssatz negativ wird: Gemäss der ersten Lehrmeinung ergäbe eine objektive Vertragsauslegung, dass der Zinssatz nicht unter die vereinbarte Marge fallen könne, der Referenzzinssatz somit nicht unter 0% fallen könne. Der zweite Teil der Lehre vertritt die Ansicht, dass auch die Marge bis auf 0% fallen könne. Gemäss der dritten Auffassung schliesslich könne der Zinssatz in Anwendung einer vereinbarten Formel auch ins Negativ fallen, mit der Folge, dass der Darlehensnehmer Zinszahlungen vom Darlehensgeber fordern könne (E. 3.5.3).
Das Bundesgericht stellte daraufhin fest, dass der Darlehensvertrag weder eine ausdrückliche Regelung für den Fall enthielt, dass der 6‑Monats LIBOR-CHF-Zins ins Negative falle, noch ausdrücklich eine Marge von 0.0375% zugunsten des Darlehensgebers garantiere. Der Darlehensvertrag sehe nirgends ausdrücklich die Möglichkeit der Umkehrung der Zinszahlungsverpflichtung vor. Vielmehr würden mehrere Bestimmungen ausdrücklich auf die Zinszahlungsverpflichtung der Darlehensnehmerin Bezug nehmen. Darüber hinaus sei, so das Bundesgericht weiter, weder ersichtlich, dass die Parteien bei Abschluss des Darlehensvertrags (20. Juli 2006) mit Negativzinsen gerechnet hätten, noch dass sie beabsichtigt hätten, dass sich die Darlehensnehmerin mittels Negativzinsen refinanzieren können soll. Aus einer objektiven Auslegung des Darlehensvertrags könne somit nach guten Treuen nicht der Sinn und Zweck abgeleitet werden, dass die Darlehensnehmerin Negativzinse ausbezahlt erhalte. Weiter erwog das Bundesgericht, dass sich der entgeltliche Charakter eines Darlehensvertrags grundsätzlich über die gesamte Vertragslaufzeit beurteile. Vorliegend hätten die Parteien indessen eine Berechnung nach bestimmten Zinsperioden vereinbart. Die Frage der Zinsbewegungen müsse demnach für jede einzelne, von den Parteien vereinbarte Zinsperiode geprüft werden (E. 3.5.4).
In diesem Zusammenhang erwog das Bundesgericht zudem (E. 3.5.4):
- Der Auffassung der Vorinstanz, wonach sich die Parteien als Branchenfachleute den Fluktuationen des LIBOR-CHF-Zinssatzes bewusst waren, sei zuzustimmen. Daraus könne indessen nicht abgeleitet werden, dass die Parteien eine, auch nur temporäre, Umkehrung der Zinszahlungspflicht in Betracht gezogen hätten.
- Die Darlehensnehmerin könne aus dem Umstand, dass ihr aus anderen Darlehensverträgen, welche sie abgeschlossen oder an unbekannten Daten hätte abschliessen können, Negativzinse ausbezahlt würden, nichts zu ihren Gunsten ableiten.
- Die von der Darlehensnehmerin zitierten Urteile aus Frankreich seien für die objektive Vertragsauslegung des konkreten Darlehensvertrags nicht einschlägig, zumal diese Urteile die Anwendung des französischen Rechts betroffen hätten und die zugrunde liegenden Sachverhalte weitgehend unbekannt seien. Genauso könne der Darlehensgeber aus den von ihm zitierten Urteilen des österreichischen Obersten Gerichtshofes, gemäss welchen eine Negativentwicklung des Referenzzinssatzes nicht zu einer Zahlungsverpflichtung des Darlehensgebers führen könne, nichts zu seinen Gunsten ableiten.
Schliesslich äusserte sich das Bundesgericht zur Frage, ob in Anwendung des Vertrauensprinzips aus einer objektiven Vertragsauslegung geschlossen werden könne, dass die Parteien unabhängig der Entwicklung des LIBOR-CHF-Zinssatzes eine Marge von 0.0375% zugunsten des Darlehensgebers hätten sicherstellen wollen, oder ob der Gesamtzinssatz ohne Garantie einer Marge höchstens auf 0% fallen könne. Die Vorinstanz hatte gestützt auf eine objektive Vertragsauslegung erwogen, dass der Gesamtzinssatz bis auf 0% fallen könne (E. B.b.). Das Bundesgericht erinnerte daran, dass der vorliegende Darlehensvertrag entgeltlich i.S.v. Art. 313 Abs. 2 OR sei, womit die Darlehensnehmerin — vorbehältlich einer anderslautenden Vereinbarung — zur Zahlung von Zinsen an den Darlehensgeber verpflichtet sei. Vorliegend hätten die Parteien eine halbjährige Zinsberechnung und ‑zahlung vereinbart, mit der Möglichkeit der Vertragskündigung bei Zahlungsverzug. Gestützt darauf erscheine vertretbar (“raisonnable”), dass Schwankungen im Referenzzinssatz nicht zu einem Abbau der Marge führen würden. Diese namentlich aufgrund des Kreditrisikos festgelegte Marge hänge nicht von der Entwicklung des Referenzzinssatzes ab. Die gegenteilige Auffassung würde darauf hinauslaufen, die Unveränderlichkeit der zwischen den Parteien vereinbarten Marge abzustreiten. Darüber hinaus dürfe nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Parteien den Darlehensvertrag im Jahr 2006 abgeschlossen hätten, mithin zu einer Zeit, in welcher es schwierig vorherzusehen gewesen sei, dass die Marge durch einen ins Negative fallenden Referenzzinssatz betroffen werde (E. 3.5.5).
Gestützt auf diese Erwägungen kam das Bundesgericht zum Schluss, dass sowohl die Auffassung der Vorinstanz, als auch die Aufassung, wonach gestützt auf die Vertragsauslegung davon auszugehen sei, dass die Parteien die Marge des Darlehensgebers hätten erhalten wollen, vertretbar sei. Mangels Widerklage des Darlehensgebers konnte das Bundesgericht die Frage vorliegend offen lassen (E. 3.5.5).