Im Zuge einer Betreibung hatte sich das Bundesgericht im amtlich publizierten Urteil 5A_488/2018 (= BGE 145 III 205) mit der Frage zu befassen, welche Rolle der Personal Representative bzw. Administrator nach englischem Recht innehat, um zu ermitteln, ob die Bestellung eines solchen Personal Representative die Fortsetzung der Betreibung nicht aufgrund von Art. 49 SchKG hindert, weil dessen Rolle als amtlicher Liquidator gemäss Art. 593 f. ZGB verstanden werden könnte.
Hintergrund des Verfahrens stellte die Verarrestierung von bei einer Schweizer Bank angelegten Vermögenswerten in der Höhe von rund CHF 774 Mio. eines verstorbenen britischen Staatsbürgers dar. Für die Abwicklung der Erbschaft hatte der britische High Court of Justice (Family Division) den Beschwerdeführer als Personal Representative bestellt. Der Entscheid wurde von den Schweizer Vorinstanzen anerkannt und auch von keiner Partei bestritten. Der Beschwerdeführer machte geltend, dass es sich beim Personal Representative um ein der amtlichen Liquidation vergleichbares Rechtsinstitut handle, weswegen die Betreibung aufgrund von Art. 49 SchKG nicht hätte eingeleitet und die Vermögenswerte nicht hätten verarrestiert werden dürfen. Kernelement des vorliegenden Bundesgerichtsentscheids war demnach die Einordnung des britischen Personal Representative im Schweizer Erbrecht (E. 4. und 4.1.).
Das Bundesgericht stellte in diesem Zusammenhang fest, dass nach englischem Recht die Erben ihre Erbschaftsanteile durch einen Intermediär, den Personal Representative, erhalten. Dessen Aufgaben bestünden im Wesentlichen darin, die Vermögenswerte des Erblassers aufzunehmen und sicherzustellen, zu inventarisieren und sie im Interesse der Erben zu verwalten (insbesondere auch mit Gläubigern zu verhandeln und Schulden zu begleichen) (E. 4.4.1.). Er nimmt daher auch die Rolle des Treuhänders einer Erbengemeinschaft ein (E. 4.3.2.).
Im Schweizer Erbrecht sind diesbezüglich der Willensvollstrecker (Art. 517 f. ZGB) und die amtliche Liquidation (Art. 593 f. ZGB) von Bedeutung. Der Willensvollstrecker führt die letztwillige Verfügung aus, verwaltet die Erbschaft, begleicht Schulden, richtet Vermächtnisse aus und bereitet die Teilung vor. Die amtliche Liquidation hingegen wird durch die zuständige Behörde oder in deren Auftrag von Erbschaftsverwaltern durchgeführt und hat zum Ziel, die Erbschaft zu verwalten und zu liquidieren. Der beauftragte Liquidator handelt im Gegensatz zum Willensvollstrecker in eigenem Namen und auch im Interesse der Gläubiger einer Erbschaft (E. 4.4.2.2.).
Wenngleich die Bestellung des Personal Representative durchaus mit dem durch die zuständige Behörde in der Schweiz bezeichneten bzw. beauftragten amtlichen Liquidator vergleichbar ist, ist gemäss Bundesgericht im vorliegenden Fall auf die inhaltlichen Aspekte des Auftrags an den Personal Representative abzustellen, die mehrheitlich jenen des Willensvollstreckers gleichen (E. 4.4.3.):
“(…) la désignation d’un administrator du droit anglais doit être assimilée en Suisse à celle d’un liquidateur officiel (art. 595 al. 1 CC), amené à procéder à la liquidation officielle de la succession (art. 593 ss CC) […]. En revanche, dans l’exécution de sa mission, l’ administrator aurait des prérogatives assez similaires à celles de l’exécuteur testamentaire […].”
Da im vorliegenden Fall der Entscheid des High Court of Justice festlegt, dass der Personal Representative im Rahmen seines Auftrages die Interessen der Erben vertritt, ist der Personal Representative analog dem Rechtsinstitut des Willensvollstreckers zu verstehen (E. 4.4.5.):
“Dans le contenu de sa mission — tel que cela ressort explicitement des Letters of administration du 20 mai 2015 — l’ administrator doit agir au profit des héritiers de la succession, partant est assimilable à cet égard à un exécuteur testamentaire du droit suisse […] De surcroît, la personne choisie comme administrator, en tant qu’il lui appartient de représenter les héritiers et agir en leur faveur, est l’avocat de l’un des héritiers, en sorte que, de ce point de vue également, la position de l’ administrator s’apparente davantage au mandat de l’exécuteur testamentaire qu’à celui du liquidateur officiel, qui peut être l’autorité elle-même, à qui il incombe de protéger tant les créanciers que les héritiers.”
Folglich standen der Betreibung keine Hindernisse im Sinne von Art. 49 SchKG entgegen und die Erbschaft konnte an dem Ort betrieben werden, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes betrieben werden konnte.