146 III 435: Auskunftspflicht des Dritten im Konkursverfahren (Art. 222 Abs. 4 SchKG; frz.)

Das Bun­des­gericht beschäftigte sich im Urteil 5A_126/2020 (= BGE 146 III 435) mit der Auskun­ft­spflicht des Drit­ten im Konkursver­fahren (Art. 222 Abs. 4 SchKG). Gemäss Bun­des­gericht hat die Auskun­ft­spflicht des Drit­ten den gle­ichen Umfang wie diejenige des Schuld­ners. Der Beauf­tragte des Konkur­siten (in casu eine Bank) kann gegenüber dem Konkur­samt nur die Über­mit­tlung rein intern­er Doku­mente ver­weigern. Dem Urteil lag fol­gen­der Sachver­halt zugrunde:

Im Rah­men der Liq­ui­da­tion des aus­ländis­chen Schuld­ners B Ltd. inner­halb eines Hil­f­skonkurs­es forderte das Konkur­samt Genf am 12. Juni 2019 die Bank A (Beschw­erde­führerin), die in Geschäfts­beziehun­gen mit dem Schuld­ner stand, unter Strafan­dro­hung (Art. 324 Abs. 5 StGB) zur Her­aus­gabe von Doku­menten auf, die Grund­lage ein­er Forderung der Liq­uida­toren sein soll­ten. Das Konkur­samt erstellte dazu eine Liste der her­ausver­langten Doku­mente mit neun Punkten.

Die Bank antwortet am 24. Juni 2019 und pro­duzierte die in Punkt 1–3 der Ver­fü­gung genan­nten Doku­mente. Sie hielt fest, dass sie der Mitwirkungspflicht nach Art. 222 Abs. 4 SchKG damit nachgekom­men sei. Gle­ichzeit­ig focht die Bank die Ver­fü­gung vom 12. Juni 2019 bei der Auf­sichts­be­hörde an und ver­langte die Fest­stel­lung der Erfül­lung der Auskun­ft­spflicht des Drit­ten im Konkursver­fahren gemäss Art. 222 Abs. 4 SchKG, und die in Punkt 4–6 der Ver­fü­gung aufge­führten Doku­men­tkat­e­gorien auf­grund ihres rein inter­nen Charak­ters zu stre­ichen, da sie den Rah­men der Auskun­ft­spflicht über­steigen würden.

Mit Entscheid vom 30. Jan­u­ar 2020 wies die Auf­sichts­be­hörde die Beschw­erde ab und präzisierte die Ver­fü­gung des Konkur­samtes nur insofern, als dass die Her­aus­gabepflicht für rein interne Doku­mente nicht gelte.

Die Bank erhob dage­gen Beschw­erde in Zivil­sachen und machte u.a. gel­tend, die Auf­forderung des Konkur­samtes sei als verkapptes Begehren um Rechen­schaftsablage zu qual­i­fizieren, welch­es auf dem Zivil­weg zu beurteilen wäre („Elle sou­tient que cet ordre de pro­duc­tion con­stitue une requête déguisée en red­di­tion de compte, laque­lle doit s’ex­ercer dans une action au fond devant le juge civ­il, qui con­tourne les art. 400 CO et 163 CP; E. 3.2).

Das Bun­des­gericht erwog u.a., die Bank als Beauf­tragte sei neben der Auskun­fts- und Her­aus­gabepflicht aus Art. 400 OR auch an die Pflicht zur Rechen­schaftsablage gebun­den, wobei diese den Auf­tragge­ber in die Lage zu ver­set­zen habe, die Tätigkeit des Beauf­tragten zu kon­trol­lieren. Diese Pflicht sei erfüllt, wenn der Beauf­tragte voll­ständi­ge und richtige Auskün­fte erteile und alle Unter­la­gen, die sich auf das im Inter­esse des Auf­tragge­bers betriebene Geschäft beziehen, her­aus­gebe. Dies betr­e­ffe jeden­falls alle die Erstat­tungspflicht begrün­den­den Unter­la­gen, könne aber weit­erge­hen und Doku­mente betr­e­f­fen, die zwar nicht der Kon­trolle der Geschäft­stätigkeit dienen, aber durch die Treuepflicht (Art. 398 Abs. 2 OR) erfasst seien (E. 4.1.3.1).

Es sei daher zu unter­schei­den zwis­chen inter­nen Unter­la­gen, die der Her­aus­gabepflicht nicht unter­liegen, aber deren Inhalt dem Auf­tragge­ber in geeigneter Form zur Ken­nt­nis gebracht wer­den muss um ihm die Kon­trolle der Auf­tragstätigkeit zu ermöglichen, und rein inter­nen Unter­la­gen („doc­u­ments pure­ment interne“), die für die Kon­trolle der Auf­tragser­fül­lung ohne­hin nicht rel­e­vant seien (E. 4.1.3.1). Selb­st wenn ein internes Doku­ment grund­sät­zlich der Rechen­schaft­spflicht unter­liege, bedeute dies aber nicht, dass es dem Auf­tragge­ber ohne weit­ere Prü­fung vorgelegt wer­den müsse. Vielmehr sei in solchen Fällen eine Abwä­gung der berechtigten Inter­essen des Beauf­tragten an der Geheimhal­tung vorzunehmen, welchen durch Vor­legen von Auszü­gen des Doku­mentes Rech­nung getra­gen wer­den könne (E. 4.1.3.1 in fine).

Daraus folge, dass die Bank dem Konkur­samt nur rein interne Unter­la­gen ver­weigern könne, deren Her­aus­gabe die Bank auch dem Schuld­ner ver­weigern kön­nte. Ander­er­seits sei die Bank als Beauf­tragte verpflichtet, alle für die Überwachung ihrer eige­nen Tätigkeit erforder­lichen Infor­ma­tio­nen, ein­schliesslich intern­er Unter­la­gen, gegebe­nen­falls in Form von Auszü­gen, zur Ver­fü­gung zu stellen, da ein Fehler bei der Aus­führung des Auf­trages einen Haf­tungsanspruch gegen die Beauf­tragte begrün­den könne, welch­er ins Inven­tar aufgenom­men wer­den müsse (E. 4.1.3.2).

Die Bank verkenne den Sinn von Art. 222 Abs. 4 SchKG, welch­er gemäss Bun­des­gericht dazu bes­timmt ist, das Konkur­samt über die Tätigkeit des Beauf­tragten im Hin­blick auf die Fest­stel­lung eines möglichen zivil­rechtlichen Haf­tungsanspruchs der Gläu­bigerge­mein­schaft gegen die Beauf­tragte zu informieren, der in das Inven­tar aufzunehmen sei. Die Auskun­ft­spflicht gegenüber dem Konkur­samt soll ger­ade die Ver­w­er­tung der gesamten Konkurs­masse und damit die Gläu­biger­gle­ich­be­hand­lung sich­er­stellen (E. 4.2).

Die Beschw­erde der Bank wurde daher abgewiesen.