Das Bundesgericht klärte in diesem Urteil, dass sich eine im Handelsregister eingetragene Klägerin im Aberkennungsprozess gegen einen nicht im Handelsregister eingetragenen Beklagten nicht auf das Klägerwahlrecht berufen könne mit dem Argument, dass sie aufgrund der Vertauschung der Parteirollen in die Klägerrolle gedrängt worden sei. Massgebend für den Anwendungsbereich des Klägerwahlrechts gemäss Art. 6 Abs. 3 ZPO sei nicht, welche Prozesspartei Gläubigerin oder Schuldnerin sei, sondern wer formell als klagende und wer als beklagte Partei auftrete.
Hintergrund war eine Auseinandersetzung zwischen einer Schweizer Aktiengesellschaft (Klägerin) und einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR; Beklagte) nach deutschem Recht, die weder in Deutschland noch in der Schweiz im Handelsregister eingetragen ist. Die Parteien hatten einen Vertrag abgeschlossen, mit dem sich die Beklagte verpflichtete, der Klägerin EUR 2’500’000 zur Verfügung zustellen. Nachdem die Beklagte diesen Vertrag gekündigt und erfolglos die Rückzahlung verlangt hatte, leitete sie ein Betreibungsverfahren gegen die Klägerin ein. Nachdem in dieser Betreibung die provisorische Rechtsöffnung erteilt wurde, erhob die Klägerin vor dem Handelsgericht des Kantons St. Gallen Aberkennungsklage. Die Beklagte ihrerseits erhob Widerklage. Das Handelsgericht St. Gallen trat mangels sachlicher Zuständigkeit auf die Klage nicht ein und hiess die Widerklage teilweise gut.
Vor Bundesgericht rügte die Klägerin erfolglos unter anderem eine Verletzung von Art. 6 Abs. 3 ZPO durch das Handelsgericht. Sie berief sich dabei auf zwei Bundesgerichtsentscheide, welche vom Bundesgericht indessen als nicht einschlägig erachtet wurden:
Die Klägerin berufe sich, so das Bundesgericht, zu Unrecht auf BGE 46 II 74. Jener Entscheid betreffe die direkte Zuständigkeit des Bundesgerichts als einzige Zivilinstanz, die nur greifen solle, wenn die Leistungspflicht des Bundes im Streit stehe. Entsprechend diesem Zweck sei nicht die formelle, sondern die materielle Parteistellung im Prozess massgebend. Das Bundesgericht habe in jenem Entscheid aber ausdrücklich festgehalten, dass diese Aussage nicht verallgemeinert werden dürfe (E. 3.4.1).
Das Klägerwahlrecht nach Art. 6 Abs. 3 ZPO bezwecke indessen, so das Bundesgericht weiter, den nicht im Handelsregister eingetragenen Klägern die Möglichkeit einzuräumen, die Vorteile der Handelsgerichtsbarkeit zu nutzen, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt seien; es gehe mithin um die Privilegierung klagender Nicht-Kaufleute und nicht um die Garantie der Handelsgerichtszuständigkeit für die im Handelsregister eingetragenen Parteien. Deshalb könne sich die im Handelsregister eingetragene Klägerin im Aberkennungsprozess gegen einen nicht im Handelsregister eingetragenen Beklagten nicht auf das Klägerwahlrecht berufen mit dem Argument, dass sie aufgrund der Vertauschung der Parteirollen in die Klägerrolle gedrängt worden sei. Es gehe nicht um ihren Schutz, in jedem Fall in den “Genuss” der Handelsgerichtsbarkeit zu kommen. Damit der Anwendungsbereich des Klägerwahlrechts eröffnet werde, sei nicht darauf abzustellen, welche Prozesspartei Gläubigerin oder Schuldnerin sei, sondern wer formell als klagende und wer als beklagte Partei auftrete. Es entspreche weder dem Wortlaut noch dem Zweck von Art. 6 Abs. 3 ZPO, dass das Wahlrecht bei einem Parteirollentausch wie im Falle einer Aberkennungsklage auf die im Handelsregister eingetragene Partei übergehe (E. 3.4.1).
Auch aus BGE 143 III 495 könne die Klägerin nichts zu ihren Gunsten ableiten. In jenem Entscheid sei die Zuständigkeit des Handelsgerichts für eine konnexe Widerklage trotz fehlendem Handelsregistereintrag des Widerbeklagten bejaht worden, wenn das Handelsgericht vom Kläger gestützt auf Art. 6 Abs. 3 ZPO angerufen worden sei. In casu kommt diese Ausnahme für eine Widerklage nicht zum Tragen, weil gerade die umgekehrte Konstellation vorliege. Bei dieser Konstellation könne sich einzig die nicht eingetragene Widerklägerin auf das Klägerwahlrecht nach Art. 6 Abs. 3 ZPO berufen (E. 3.4.2).
Auch die Tatsache, dass die Beklagte als Widerklägerin von ihrem Wahlrecht nach Art. 6 Abs. 3 ZPO Gebrauch gemacht hätte, ändere nichts an dieser Beurteilung. Dadurch werde die mangelnde sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts für die Hauptklage nicht behoben. Aus der beim Handelsgericht erhobenen Widerklage könne daher nicht eine Art “Einlassung” der nicht im Handelsregister eingetragenen beklagten Beklagten auf die Hauptklage abgeleitet werden (E. 3.5).
Das Bundesgericht räumt ein, dass sich bei einer solchen Konstellation der Nachteil ergebe, dass nicht das selbe Gericht für die Haupt- und die Widerklage sachlich zuständig sei. Dieser Nachteil sei allerdings vorliegend entschärft, weil die Haupt- und die Widerklage nicht nur konnex, sondern spiegelbildlich seien: Die Klägerin verlange mit ihrer Aberkennungsklage die Feststellung, dass die Forderung über EUR 2’500’000 samt Zinsen nicht bestehe, während die Beklagte mit ihrer Anerkennungsklage begehre, dass ihr eben diese Forderung zuzusprechen sei. Klage und Widerklage würden mithin die gleiche Forderung betreffen, was einer späteren Beurteilung der Klage durch das ordentliche Gericht entgegenstehen dürfte (Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO), wenn denn eine solche Klage überhaupt noch fristgerecht beim ordentlichen Gericht eingereicht werden könnte (Art. 31 und 83 Abs. 2 SchKG i.V.m. Art. 63 Abs. 1 und 3 ZPO) (E. 3.6).