Im Urteil 7B_93/2022 vom 27. August 2024 befasste sich das Bundesgericht mit der Entsiegelung. Im Rahmen einer Strafuntersuchung wegen des Verdachts auf Betrug oder Anstiftung oder Gehilfenschaft zu mehrfacher qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung hatte die Staatsanwaltschaft mehrere elektronische Datenträger des Beschuldigten sichergestellt. Dieser hatte daraufhin die Siegelung aufgrund geschützter Geheimhaltungsrechte bezüglich Anwaltskorrespondenz verlangt.
Nicht beschlagnahmt werden dürfen gemäss Art. 264 Abs. 1 StPO u.a., ungeachtet des Ortes, wo sie sich befinden, und des Zeitpunktes, in welchem sie geschaffen worden sind: (a.) Unterlagen aus dem Verkehr der beschuldigten Person mit ihrer Verteidigung; (c.) Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr der beschuldigten Person mit Personen, die das Zeugnis verweigern können und im gleichen Sachzusammenhang nicht selber beschuldigt sind; (d.) Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr einer anderen Person mit ihrer Anwältin oder ihrem Anwalt, sofern die Anwältin oder der Anwalt zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist und im gleichen Sachzusammenhang nicht selber beschuldigt ist.
Als Anwaltskorrespondenz im Sinne von Art. 264 Abs. 1 lit. a, c und d StPO gilt alles, was in das besondere Vertrauensverhältnis zwischen der Rechtsvertretung und der Klientschaft eingebracht wird, in ihm entsteht oder aus ihm hervorgeht. Geschützt sind somit zum einen Dokumente bei der Rechtsvertretung, etwa Korrespondenz zwischen dieser und der Klientschaft oder Dritten, oder Dokumente, die der Rechtsvertretung im Zusammenhang mit dem Mandat übergeben wurden oder welche die Rechtsvertretung eingeholt hat. Zum anderen sind auch Dokumente bei der Klientschaft erfasst, die diese von ihrer Rechtsvertretung erhalten hat. Die Form der Unterlagen ist nicht von Bedeutung. Erfasst sind somit namentlich E‑Mails und deren Anhänge. Gleichzeitig können Beweismittel nicht dadurch dem Zugriff der Strafbehörden definitiv entzogen werden, dass sie nachträglich in das vom Anwaltsgeheimnis geschützte besondere Vertrauensverhältnis eingeführt werden: Zum einen sind nach wie vor in den Händen der Mandantschaft befindliche Beweismittel nicht etwa deshalb geschützt, nur weil sie mit der Rechtsvertretung besprochen, von ihr mit Anmerkungen versehen oder ihr in Kopie zugestellt worden sind. Zum anderen können Beweismittel, die der Rechtsvertretung übergeben worden sind, unter Umständen auch in deren Händen sichergestellt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Übergabe einzig dem Zweck dient, diese Beweismittel in einer Anwaltskanzlei zu verstecken, und daher als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist (E. 3.1).
Das Vorliegen eines Mandatsverhältnisses ist nicht Voraussetzung für die Geltung des Anwaltsgeheimnisses. Vielmehr ist jeder Rechtssuchende geschützt, der sich an einen Anwalt wendet, selbst wenn in der Folge kein Mandat zustande kommt. Durch das Anwaltsgeheimnis geschützt sind daher insbesondere auch Informationen, die mit einer Anwältin oder einem Anwalt im Hinblick auf ein allfälliges (späteres) Mandat geteilt werden. Die Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses gilt grundsätzlich zeitlich unbegrenzt und überdauert insbesondere sowohl die Beendigung des Mandats als auch eine allfällige spätere Aufgabe des Berufs (E. 5.1).
Der Beschwerdeführer rügte somit zu Recht, dass alleine aus dem Umstand, wonach der in Frage stehende Rechtsanwalt seine Tätigkeit inzwischen aufgegeben habe, noch nicht geschlossen werden konnte, sämtliche hiernach erfolgte Kommunikation gelte nicht mehr als geheimnisgeschützt (E. 5.2). Damit hiess das Bundesgericht die Beschwerde teilweise gut und wies die Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung zurück (E. 6).