In diesem zur Publikation vorgesehenen Urteil 5A_245/2024 vom 29. August 2024 setzte sich das Bundesgericht mit der Frage der Nichtbekanntgabe einer Betreibung an Dritte (Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG) auseinander, wenn die in Betreibung gesetzte Forderung nach Anhebung der Betreibung aber vor Zustellung des Zahlungsbefehls bezahlt wurde. Im konkreten Fall hatte die Betriebene Rechtsvorschlag erhoben und die Forderung nach Einreichung des Betreibungsbegehrens (vom 31. August 2023), jedoch vor Zustellung des Zahlungsbefehls (am 12. September 2023) bezahlt (am 8. September 2023). Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Betreibung in diesem Fall nicht bekannt gegeben werden darf:
Es trifft zwar zu, dass ein Schuldner, der eine Forderung bezahlt, nachdem sie in Betreibung gesetzt wurde, die Bekanntgabe der Betreibung an Dritte nicht mit einem Gesuch nach Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG verhindern kann: Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG nicht anwendbar, wenn die Forderung nach Einleitung der Betreibung bezahlt wurde (BGE 147 III 486, E. 3.4) (E. 4.1).
In BGE 147 III 486 hat sich das Bundesgericht jedoch nicht mit der Frage befasst, wie es sich betreffend Nichtbekanntgabe der Betreibung an Dritte verhält, wenn die Zahlung nach Einreichung des Betreibungsbegehrens, aber vor Zustellung des Zahlungsbefehls erfolgt. (E. 4.3.1).
Eine ausdrückliche Antwort fehlt im Gesetzestext. Das Bundesgericht hat aber in seiner einschlägigen Rechtsprechung bestätigt, dass die Bezahlung der betriebenen Forderung nicht zu einer Nichtbekanntgabe einer Betreibung berechtigt, (E. 4.3.2).
Wenn die Zahlung einer in Betreibung gesetzten Forderung als deren Anerkennung zu verstehen ist und die Betreibung folglich als gerechtfertigt erscheint (was zur Abweisung des Gesuchs um Nichtbekanntgabe führt), steht — so das Bundesgericht — grundsätzlich im Einklang mit dem Zweck der Bestimmung, eine Betreibung, die nach Begleichung der Forderung an den Gläubiger dennoch eingeleitet wird, als ungerechtfertigt zu betrachten (E. 4.3.4).
In der Folge setzte sich das Bundesgericht mit der Frage auseinander, ab welchem Zeitpunkt von einer “betriebenen Forderung” zu sprechen ist, welche bei Bezahlung den Anspruch auf Nichtbekanntgabe der Betreibung an Dritte gemäss Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG ausschliesst, und erwog, dass auf das Datum der Zustellung des Zahlungsbefehls abzustellen ist (E. 4.4):
“4.4.1. Allgemein bestimmt Art. 38 Abs. 2 SchKG, dass die Schuldbetreibung mit der Zustellung des Zahlungsbefehls beginnt. Das prozessuale Verhältnis, das den Gläubiger und Schuldner miteinander (und mit den Betreibungsbehörden) verbindet, entsteht mit der Zustellung des Zahlungsbefehls (…). Das Betreibungsbegehren lässt lediglich ein Prozessverhältnis des Gläubigers zum Betreibungsamt entstehen (…); es ist erst die Aufforderung an das Amt, die Betreibung zu beginnen (…). Der Zahlungsbefehl ist die durch das Betreibungsamt auf das Betreibungsbegehren hin an den Schuldner gerichtete amtliche Aufforderung, den Gläubiger zu befriedigen, oder aber sich dem Anspruch auf dem vorgeschriebenen Weg zu widersetzen. Die Betreibung ist demnach erst dann eingeleitet, wenn der Zahlungsbefehl dem Schuldner zugestellt wurde (…).
4.4.2. Geht es um die Nichtbekanntgabe einer Betreibung an Dritte zufolge Bezahlung der “betriebenen” Forderung an den Gläubiger, ist nach dem Ausgeführten auf das Datum der Zustellung des Zahlungsbefehls — der Kenntnisnahme der amtlichen Zahlungsaufforderung und den Beginn des Prozessverhältnisses zwischen den Betreibungsparteien — abzustellen, und nicht auf das Datum des Betreibungsbegehrens. Dieses Ergebnis rechtfertigt sich insbesondere aus folgenden Gründen: Zum einen ist das Betreibungsamt weder allgemein (…) noch im Rahmen des Verfahrens von Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG dazu berufen, festzustellen und zu beurteilen, ob nach den Regeln über die Fälligkeit und Verzug oder aus anderen berechtigten Gründen (z.B. drohende Verjährung) Anlass besteht, ein Betreibungsbegehren zu stellen. Zum anderen gibt erst die Zustellung des Zahlungsbefehls dem Schuldner die Möglichkeit, sich dem Anspruch auf dem vorgeschriebenen Weg zu widersetzen oder den betriebenen Anspruch — durch Bezahlung — anzuerkennen. Es kann auch nicht darauf ankommen, ob die Stellung des Betreibungsbegehrens durch den Gläubiger bspw. wegen erfolgloser Mahnungen “gerechtfertigt” war, denn wenn die Schuld getilgt ist, bevor die Betreibung im Sinn von Art. 38 Abs. 2 SchKG eingeleitet wurde, ist sie objektiv betrachtet nicht gerechtfertigt. Schliesslich ist kein Grund ersichtlich, den Fall, in welchem der Gläubiger nach Zustellung des Zahlungsbefehls und Erhebung des Rechtsvorschlags untätig geblieben ist (was zur Nichtbekanntgabe der Betreibung führt; Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG), anders zu behandeln als den Fall, in welchem ein Gläubiger noch vor Zustellung des Zahlungsbefehls befriedigt wird und dieser ebenfalls untätig geblieben ist.”