Im zur Publikation vorgesehenen Entscheid 5A_395/2024 vom 8. November 2024 prüfte das Bundesgericht den Löschungs- bzw. Ablösungsanspruch einer Grundeigentümerin, deren Grundstück seit 1952 mit einer Baubeschränkung belastet war.
Das Bundesgericht verwies darauf, dass die Löschung einer Dienstbarkeit nur dann verlangt werden könne, wenn die Dienstbarkeit für das berechtigte Grundstück jedes Interesse und jeden Nutzen verloren habe (Art. 736 Abs. 1 ZGB). Entscheidend sei, ob der Zweck, zu dem die Dienstbarkeit errichtet worden sei, aufrechterhalten werden könne (Grundsatz der «Identität der Dienstbarkeit»). Bauverbote und Baubeschränkungen bezögen sich räumlich auf das gesamte oder auf einen Teil des dienenden Grundstücks und könnten sachlich umfassend oder nur in bestimmter Hinsicht gelten (bspw. Höhenbegrenzungen oder Bauvolumenbegrenzungen; E. 2).
Vorliegend waren sich die Parteien uneinig darüber, ob die Baubeschränkung initial zur Sicherung der Lichtverhältnisse auf dem berechtigten Nachbargrundstück (ehemals ein Schulhausgebäude) oder zur Wahrung des Ortsbildes errichtet wurde. Da sich dem Vertragswortlaut kein Zweck entnehmen liess, müsse, so das Bundesgericht, der ursprüngliche Zweck aus den damaligen Bedürfnissen hergeleitet werden, was zwangsläufig mit Mutmassungen verbunden sei (E. 4.1). Das Bundesgericht stützte das Ergebnis der objektiven Zweckbestimmung der Vorinstanz, nach welcher nicht die Besonnung des berechtigten Grundstücks, sondern die Erhaltung des Ortsbildes – inkl. Begünstigung einer Spielwiese – und die Freihaltung des architektonisch besonderen Schulhausbaues bei der damaligen Zwecksetzung im Vordergrund gehabt haben dürften (E. 4.6).
Beachtlich ist die darauffolgende Feststellung des Bundesgerichts, dass die zweckbegründenden Bedürfnisse des berechtigten Grundstückes unabhängig von der konkreten Nutzung des darauf stehenden Gebäudes bestünden: So spiele es keine Rolle, dass die zweckbegründenden Bedürfnisse ursprünglich auf die «Bewohner» eines Schulhauses zugeschnitten gewesen seien, sofern nunmehr auch die heutigen Eigentümer des zu einem Wohnhaus umgebauten Gebäudes davon profitierten. Die Identität der Dienstbarkeit werde dadurch nicht gebrochen (E. 4.7). Ein Anspruch auf Löschung der Dienstbarkeit bestehe somit nicht (E. 4.9).
Schliesslich verneinte das Bundesgericht auch einen Anspruch auf Ablösung der Dienstbarkeit nach Art. 736 Abs. 2 ZGB: Vorliegend habe weder das Interesse des berechtigten Grundstücks am Erhalt der Dienstbarkeit abgenommen, noch die Belastung für das dienende Grundstück derart zugenommen, dass ein qualifiziertes Missverhältnis zwischen den verschiedenen Interessen bestünde. Dass die dienende Parzelle im Errichtungszeitpunkt landwirtschaftlich genutzt worden, heute aber Bauland sei, ändere daran nichts: Das Verbot, eine Baute zu errichten, sei gerade der Inhalt einer Bauverbotsdienstbarkeit. Dieser Inhalt bedeutete und bedeute damals wie heute die identische Belastung für das dienende Grundstück. Ein (entgeltlicher) Ablösungsanspruch bestehe nicht (E. 5.5).