H 161/06: Anspruch auf lebenspraktische Begleitung in der AHV? (amtl. Publ.)

Gestützt auf AHVG 43bis V (“Der Bun­desrat kann ergänzende Vorschriften erlassen”) hat der Bun­desrat AVV 66bis I erlassen (keine sin­ngemässe Anwen­dung von IVV 37 II c, Begriff der mit­telschw­eren Hil­flosigkeit, leben­sprak­tis­che Begleitung). 

Da die Ver­weisung von AHVG 43bis V nur eine “sin­ngemässe” Anwen­dung der Bes­tim­mungen des IVG vor­sieht, sind Abwe­ichun­gen zuläs­sig. Der Bun­desrat geniesst daher weit­en Ermessensspielraum.

Das BGer hielt fest, dass der Anspruch auf Hil­flose­nentschädi­gung im Bere­ich der AHV aus prak­tis­chen Grün­den an stren­gere Voraus­set­zun­gen geknüpft ist als im Bere­ich der IV. Angesichts dieses Umstands und der Tat­sache, dass der Anspruch auf leben­sprak­tis­che Begleitung jünger ist als die Ver­weisung des AHVG auf das IVG, hat der Bun­desrat seine Kom­pe­ten­zen nicht überschritten:

Wenn der Bun­desrat vor diesem Hin­ter­grund in Art. 66bis Abs. 1 AHVV die (sin­ngemässe) Anwend­barkeit von Art. 37 Abs. 2 lit. c IVV auss­chloss, entsprach er damit dem ein­deuti­gen Willen des Geset­zge­bers und bewegte sich vol­lum­fänglich im Rah­men der ihm vom Gesetz delegierten Kompetenzen.”

S. auch den Artikel der BAZ:

Keine leben­sprak­tis­che Begleitung für AHV-Rentner

Luzern. SDA/baz. AHV-Rent­ner haben keinen Anspruch auf eine Entschädi­gung für leben­sprak­tis­che Begleitung, wenn sie diese nicht bere­its vor Erre­ichen des Rentenal­ters von der IV erhal­ten haben. Laut Bun­des­gericht ist das Gle­ich­be­hand­lungs­ge­bot nicht verletzt.

Zu beurteilen hat­te das Bun­des­gericht den Fall ein­er AHV- Rent­ner­in, die im All­t­ag auf Hil­fe beim Anklei­den und bei der Kör­perpflege angewiesen ist. Sie hat­te deshalb um eine Hil­flose­nentschädi­gung für leben­sprak­tis­che Begleitung ersucht. Das wurde ihr jedoch verwehrt.

Nur im Rah­men der IV

Die II. Sozial­rechtliche Abteilung des Bun­des­gerichts hat ihre Beschw­erde nun abgewiesen. Die Luzern­er Richter ver­weisen darauf, dass im Rah­men der AHV eine Hil­flose­nentschädi­gung nur bei mit­tleren oder schw­eren Fällen beansprucht wer­den kann.

Einen Anspruch auf leben­sprak­tis­che Begleitung bei leichter Hil­flosigkeit habe der Geset­zge­ber hinge­gen nur im Rah­men der IV für Per­so­n­en mit ein­er leicht­en Behin­derung vorge­se­hen. Auf­grund der Besitz­s­tandgarantie wür­den diese Per­so­n­en die Unter­stützung auch nach Erre­ichen des Rentenal­ters erhalten.

Dem Geset­zge­ber sei dabei bewusst gewe­sen, dass damit eine Ungle­ich­heit gegenüber Per­so­n­en beste­he, bei denen die leichte Hil­flosigkeit erst nach Erre­ichen des AHV-Alters ein­trete. Das genüge jedoch nicht, um ihnen unter Beru­fung auf das Gebot der Gle­ich­be­hand­lung diesel­ben Leis­tun­gen zu gewähren wie IV-Bezügern”