Der Liquidationsanteil des Ehemanns an einer Liegenschaft im Gesamteigentum der Ehegatten (einfache Gesellschaft) wurde gepfändet. Die Aufsichtsbehörde hat das Betreibungsamt angewiesen, die einfache Gesellschaft aufzulösen und den Erlös aus dem gepfändeten Liquidationsanteil an die Pfändungsgläubiger zu verteilen. Die kantonale Aufsichtsbehörde kam später auf Beschwerde eines Gläubigers zum Schluss, dass die Auflösung der einfachen Gesellschaft keiner förmlichen Kündigung bedürfe, und wies daher das Betreibungsamt an, das Gemeinschaftsvermögen festzustellen und zu verwerten. Nach Ansicht des Schuldners verletzt die Vorgehensweise der Vorinstanz OR 545 I 3 und VVAG 12.
Das BGer:
“Die Aufsichtsbehörde legt die Art der vom Betreibungsamt vorzunehmenden Verwertung verbindlich fest. Hält sie im konkreten Fall die Auflösung der Gemeinschaft für angebracht, so ordnet sie diese an. Es liegt ein Anwendungsfall von Art. 545 Abs. 1 Ziff. 3 OR vor […]. Durch den Auflösungsentscheid der Aufsichtsbehörde tritt die Gemeinschaft ins Stadium der Liquidation, womit kein Platz für eine förmliche Kündigung mehr bleibt. Das Betreibungsamt hat lediglich die erforderlichen rechtlichen Vorkehren für die Verwertung zu treffen und übt dabei alle dem betriebenen Schuldner zustehenden Rechte aus (Art. 12 VVAG).
Zwar hielt das Bundesgericht in seinem Entscheid vom 2. Februar 1926 eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Kündigung des Gesellschaftsvertrages gegenüber allen Mitgliedern für notwendig (BGE 52 III 4 ff.). Diese Auffassung wird von einem Teil der Lehre weiterhin vertreten […]. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist aber auch wiederholt kritisiert worden. Dabei wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass die Auflösung der einfachen Gesellschaft nach Art. 545 Abs. 1 Ziff. 3 OR eintritt, wenn der Anteil eines Mitgliedes zur Zwangsverwertung gelangt […]. Hinzu kommt die in Art. 10 und 13 VVAG festgelegte Aufgabenteilung zwischen Aufsichtsbehörde und Betreibungsamt. Aufgrund ihrer Kompetenz, über die Verwertungsart des gepfändeten Anteils zu entscheiden, kann die Aufsichtsbehörde die Gemeinschaft auflösen und das Betreibungsamt die Liquidation des Vermögens vornehmen lassen. Nimmt die Aufsichtsbehörde ihre Kompetenz wahr, so bedarf es keiner zusätzlichen Kündigung mehr. Insoweit ist die bisherige Rechtsprechung zu präzisieren.”