5C.50/2007: Rücktrittsfrist nach VVG 6 II durch Passivität ausgelöst

Strit­tig war der Beginn der Rück­tritts­frist nach VVG 6 II. Das OGer NW als Vorin­stanz hat­te eingeräumt, dass auf­grund der Arzt­berichte (Lebensver­sicherung; Erwerb­sun­fähigkeit) keine sichere Ken­nt­nis vom Vor­liegen ein­er Anzeigepflichtver­let­zung bestanden habe. Die strit­tige Frist sei erst später aus­gelöst wor­den, als der Ver­sicher­er von der Klägerin eine Voll­macht ver­langt hat­te, damit sie von den (früheren) Krankenkassen Auskün­fte ein­holen könne. Die Klägerin hat­te auf das Schreiben und mehrere Mah­nun­gen nicht reagiert. Das pas­sive Ver­hal­ten habe angesichts des einen Ver­dacht begrün­den­den Arzt­berichts nur dahin ver­standen wer­den kön­nen, dass die Klägerin sich eine Anzeigepflichtver­let­zung vorzuw­er­fen habe. Die Rück­tritts­frist nach VVG 6 II sei deshalb aus­gelöst wor­den und abgelaufen.

Nach dem Urteil des BGer schliesst der Umstand, dass die Klägerin durch ihre Pas­siv­ität wed­er gegen eine geset­zliche noch gegen eine ver­tragliche Mitwirkungspflicht ver­stossen und keine Auskun­ft­spflicht ver­let­zt hat, eine Aus­lö­sung der Rück­tritts­frist nicht aus:

Für die Erken­nt­nis, dass der eine Ver­sicherungsleis­tung Beanspruchende sich eine Ver­let­zung der Anzeigepflicht hat zuschulden kom­men lassen, bedarf es nicht unbe­d­ingt aus­drück­lich­er Erk­lärun­gen. Sie kann sich auch aus anderen Umstän­den ergeben. Kommt eine an sich anspruchs­berechtigte Per­son, die von der Ver­sicherung darum ersucht wird, die Namen ihrer früheren Krankenkassen anzugeben, damit Auskün­fte im Hin­blick auf die Abklärung des gel­tend gemacht­en Leis­tungsanspruchs einge­holt wer­den kön­nten, dieser Auf­forderung trotz zahlre­ich­er Mah­nun­gen nicht nach, ist nach der all­ge­meinen Lebenser­fahrung anzunehmen, dass sie etwas zu ver­ber­gen hat und ver­sucht, den Zugang zu für sie nachteili­gen Tat­sachen zu ver­hin­dern. Wenn das Oberg­ericht auf­grund der von der Beklagten im Jahre 2000 an die Klägerin gerichteten schriftlichen Auf­forderun­gen, die alle ohne Echo blieben, zum Schluss gelangt ist, der Beklagten habe schon rund zwei Jahre vor ihrer Rück­trittserk­lärung vom 9. Okto­ber 2002 klar sein müssen, dass die Klägerin ihre Anzeigepflicht ver­let­zt habe, hat es Art. 6 Abs. 2 VVG nicht verkannt.”

Gegen dieses Risiko kann der Ver­sicher­er etwas unternehmen:

Bemerkt sei immer­hin, dass der Ver­sicher­er eine rasche Klärung der Ver­hält­nisse her­beiführen kann, indem er eine Auf­forderung an den Ver­sicherten zur Mitwirkung mit der Andro­hung verknüpft, bei Nicht­mitwirkung würde im Sinne von Art. 6 Abs. 1 VVG vom Ver­trag zurückgetreten.”

  • staat­srechtliche Beschw­erde in der gle­ichen Sache (5P.58/2007; abgewiesen)