9C_654/2007: Kein Anspruch einer ehem. Regierungsrätin auf eine Rente (amtl. Publ.)

Nach­dem Dorothée Fierz am 4. Mai 2006 aus dem Zürcher Regierungsrat zurück­ge­treten war, klagte sie erfol­g­los gegen den Kan­ton auf Zus­prechung ein­er Rente. Das BGer bestätigt das Urteil des SozVers­Ger ZH.

Das BGer hält zunächst an sein­er unter dem OG begrün­de­ten Prax­is fest, bei Stre­it­igkeit­en um die Bewil­li­gung oder Ver­weigerung von Ver­sicherungsleis­tun­gen der beru­flichen Vor­sorge auch die Anwen­dung von kan­tonalem oder kom­mu­nalem öffentlichen Vor­sorg­erecht frei zu prüfen.

Nach § 5 der kan­tonalen V über die Leis­tun­gen der Ver­sicherungskasse für das Staatsper­son­al an die Mit­glieder des Regierungsrates beste­ht bei unver­schulde­ter Nichtwieder­wahl ein Rente­nanspruch bere­its ab vier Amt­s­jahren. Strit­tig war die Trag­weite von § 5 II lit.b:

Als unver­schuldete Nichtwieder­wahl gel­ten auch: [… ]b) der Rück­tritt, wenn eine Nichtwieder­wahl oder eine Nicht­portierung möglich erscheint und dem Zurück­tre­tenden aus diesem Grund eine nochma­lige Kan­di­datur nicht zuge­mutet wer­den kann.”

Aus dem Wort­laut der Bes­tim­mung hat­te die Vorin­stanz geschlossen, dass sie nur anwend­bar sei, wenn auch bei vorzeit­ig mit­geteil­tem Rück­tritt die Amts­dauer noch been­det wird. Dies folge aus dem Ingress von § 5 III der Verord­nung; eine solche sei nur für eine neue Amt­szeit nach bzw. bei Ablauf der alten Amt­szeit möglich. 

Das Gle­iche müsse auch für die mögliche Nichtwieder­wahl oder Nicht­portierung im Sinne von § 5 Abs. 3 lit. b Leis­tungsverord­nung gel­ten. Die Amts­dauer bilde in zeitlich­er Hin­sicht den Bezugsrah­men der Bes­tim­mung. Auch das Kri­teri­um der Unzu­mut­barkeit ein­er erneuten Kan­di­datur set­ze eine voll­ständig abge­laufene Amt­szeit voraus; der Rück­tritt im Sinne von § 5 Abs. 3 lit. b Leis­tungsverord­nung man­i­festiere sich im Verzicht auf eine erneute Kan­di­datur nach Ablauf der Amtsdauer.

Dage­gen drang der Ein­wand der Beschw­erde­führerin, aus der ratio legis von § 5 (finanzielle Abfederung bei Nichtwieder­wahl oder Nicht­portierung) und der Erwä­gung, dass es eine nicht zu recht­fer­ti­gende Ungle­ich­be­hand­lung ähn­lich­er Sachver­halte darstellte, wenn man die Renten­zahlung vom Zeit­punkt des Rück­tritts abhängig machen wollte, nicht durch. Das BGer sieht dur­chaus sach­liche Gründe, einen Rück­tritt auf Ende der Amts­dauer anders zu behan­deln als einen solchen während der Amtsdauer: 

Mit dem Ablauf der Amt­szeit endet das Amt von Geset­zes wegen. Es gibt keinen Anspruch auf Wieder­wahl. […] Entzieht die Partei einem Regierungsrat das Ver­trauen und nominiert sie ihn nicht mehr für eine neue Amts­dauer, wer­den die Chan­cen für eine Wieder­wahl in der Regel sehr ger­ing sein. Daraus entste­ht das beson­dere Bedürf­nis, bei Regierungsmit­gliedern, welche wegen fehlen­der Unter­stützung durch ihre Partei nicht wiedergewählt wer­den, die Fol­gen der Nichtwieder­wahl finanziell abzufed­ern. Während der Amts­dauer kann hinge­gen ein Regierungsmit­glied nicht abge­set­zt wer­den. […] Tritt es vorzeit­ig zurück, tut es dies, weil es poli­tis­chem oder per­sön­lichem Druck auswe­ichen will; rechtlich kön­nte es aber bis zum Ende der Amts­dauer im Amt bleiben. Es beste­ht daher nicht das­selbe Schutzbedürfnis […]”

Das BGer hat zwar Ver­ständ­nis für die Sit­u­a­tion der Beschw­erde­führerin, hält aber den­noch an sein­er Auf­fa­sung fest: 

Es mag zwar auf den ersten Blick inkon­se­quent erscheinen, dass die Beschw­erde­führerin, hätte sie anlässlich der Gesamterneuerungswahlen im Jahre 2003 bere­its den Rück­halt durch die Partei ver­loren und damals auf die Wieder­wahl verzichtet, heute Anspruch auf eine Rente hätte, während dies beim drei Jahre später, während laufend­er Amts­dauer erk­lärten Rück­tritt nicht der Fall sein soll. Die unter­schiedlichen Rechts­fol­gen lassen sich jedoch mit dem dargelegten, in den bei­den Kon­stel­la­tio­nen ver­schiede­nen Schutzbedürf­nis begrün­den; eine andere Ausle­gung ver­mö­gen sie deshalb nicht zu rechtfertigen.”