2C_234/2008: Pflichtenheft iSv GUB/GGA 17 ist generell-abstrakt und kann auf Gesetzes- und Verhältnismässigkeit überprüft werden (amtl. Publ.)

Das BGer hat mit Urteil vom 28. Juli 2008 entsch­ieden, dass das Pflicht­en­heft, das bei der Ein­tra­gung ein­er Ursprungs­beze­ich­nung in das Reg­is­ter nach GUB/GGA 13 und v.a. für den Schutzum­fang der geschützten Ursprungs­beze­ich­nung entschei­dend ist (das Pflicht­en­heft beruht auf LwG 16 II b und gestützt darauf auf GUB/GGA 7),

eher den Gehalt ein­er generell-abstrak­ten Regelung, die der Umset­zung im Einzelfall bedarf. Damit kann es, grund­sät­zlich gle­ich wie Verord­nun­gen, vor­frageweise und unab­hängig vom Ergeb­nis des Ein­sprachev­er­fahrens, auf seine Gesetz- und Ver­fas­sungsmäs­sigkeit hin über­prüft werden.”

Diese Frage stellte sich beim Pflicht­en­heft für die Her­stel­lung der geschützten Käs­esorte Gruyère. Die Herkun­fts­beze­ich­nung “Gruyère” war auf Gesuch der Inter­pro­fes­sion du Gruyère (der Branchen- und Pro­duzen­tenor­gan­i­sa­tion für Gruyère; vgl. die entsprechende Verord­nung VBPO) und durch Ver­fü­gung des Bun­de­samts für Land­wirtschaft als geschützte Ursprungs­beze­ich­nung in das Reg­is­ter einge­tra­gen worden. 

Strit­tig war die Frage, ob der in der Käserei der Beschw­erde­führer hergestellte Gruyère die Beze­ich­nung “Gruyère AOC” oder “Gruyère” bzw. “Grey­erz­er” tra­gen durfte, ob der betr­e­f­fende Käse also den Anforderun­gen des Pflicht­en­hefts entsprach. Nach dem erwäh­n­ten Pflicht­en­heft muss die Milch zur Pro­duk­tion des echt­en Gruyère AOC näm­lich grund­sät­zlich “zweimal im Tag an die Käserei geliefert wer­den, und zwar sofort nach dem Melken…”. In der Käserei der Beschw­erde­führer wurde die Milch indessen nur ein­mal täglich angeliefert. Zuläs­sig war das laut dem Pflicht­en­heft nur in Ausnahmefällen. 

Das BGer kam zum Schluss, dass das Pflicht­en­heft zuläs­sig war. Pflicht­en­hefte dür­fen stren­gere Qual­ität­san­forderun­gen stellen als das Lebens­mit­tel­recht. Allerd­ings: Die Aus­nahme der ein­ma­li­gen Milch­liefer­ung ist nach den Fest­stel­lun­gen der Vorin­stanz im Kan­ton Bern in de fac­to die Regel. Es ver­stiesse deshalb gegen das Rechts­gle­ich­heits­ge­bot, die Beschw­erde­führer für ihre Prax­is der ein­ma­li­gen Milch­liefer­ung zu sank­tion­ieren, so dass deren Käserei trotz ihrer nur täglich nur ein­ma­li­gen Milch­be­liefer­ung die Beze­ich­nung “Gruyère” usw. führen darf.