5A_91/2009: prozessuale Folgen einer Veräusserung des Streitobjekts

Das BGer hielt hier fest, dass die Kan­tone die prozes­sualen Fol­gen ein­er Veräusserung des Stre­ito­b­jek­ts während der Recht­shängigkeit unter­schiedlich regeln. Es bestün­den dabei im Grund­satz drei Lösungen:

  1. Der Veräusser­er bleibt Partei und führt den Prozess im eige­nen Namen mit — teil­weise aus­drück­lich vorge­se­hen­er — Wirkung für den Erwer­ber (sog. Prozess­stand­schaft), oder
  2. der Erwer­ber kann anstelle des Veräusser­ers in den Prozess ein­treten unter der Voraus­set­zung, dass die Gegen­partei zus­timmt, oder
  3. der Erwer­ber ist berechtigt, durch aus­drück­liche Erk­lärung und ohne Zus­tim­mung der bish­eri­gen Parteien in den Prozess einzutreten.

Im Kan­ton BL ist diese Frage nicht aus­drück­lich geregelt. Das KGer BL hat­te eine Klage auf Unter­las­sung (gestützt auf ein Geh- und Fahrrecht) abgewiesen, nach­dem die Beklagten, die belasteten Grun­deigen­tümer, die betrof­fene Parzelle verkauft hat­ten, weil diese damit nicht mehr pas­sivle­git­imiert waren; eine Fort­führung des Prozess­es durch den Veräusser­er in eigen­em Namen trotz fehlen­der Sach­le­git­i­ma­tion (oben Vari­ante 1) zuzu­lassen, sei nicht angezeigt. Die Klage bei Veräusserung des Stre­ito­b­jek­ts sei deshalb abzuweisen, wenn kein Partei­wech­sel erfol­gt (oben Vari­anten 2 und 3) oder — bei gle­ich­bleiben­den Parteien — das ursprüngliche Rechts­begehren auf die neue Sit­u­a­tion angepasst werde.

Das BGer schützt diese Recht­sprechung. Für die gewählte Lösung spreche, dass der Ein­tritt des Erwer­bers anstelle des Veräusser­ers im Prozess klare Ver­hält­nisse schafft und die materielle Recht­slage richtig wiedergibt und auch der tat­säch­lichen Inter­essen­lage entspricht. Zum anderen erscheine es hier als sachgerecht, diejenige Lösung zu wählen, die dem Wort­laut nach der Lösung der eidg. ZPO entspricht (Art. 83 im Entwurf der ZPO) und in ein beste­hen­des Prozess­rechtsin­sti­tut eingegliedert wer­den kann:

Art. 83
1 Wird das Stre­ito­b­jekt während des Prozess­es veräussert, so kann die Erwer­berin oder der Erwer­ber an Stelle der veräussern­den Partei in den Prozess ein­treten.
2 Die ein­tre­tende Partei haftet für die gesamten Prozesskosten. Für die bis zum Partei­wech­sel aufge­laufe­nen Prozesskosten haftet die auss­chei­dende Partei sol­i­darisch mit.
3 In begrün­de­ten Fällen hat die ein­tre­tende Partei auf Ver­lan­gen der Gegen­partei für die Voll­streck­ung des Entschei­des Sicher­heit zu leis­ten.
4 Ohne Veräusserung des Stre­ito­b­jek­ts ist ein Partei­wech­sel nur mit Zus­tim­mung der Gegen­partei zuläs­sig; beson­dere geset­zliche Bes­tim­mungen über die Recht­snach­folge bleiben vorbehalten.

Es könne deshalb nicht als ver­fas­sungswidrig beze­ich­net wer­den, dass sich das Kan­ton­s­gericht für die Lösung des Partei­wech­sels (Ein­tritt des Erwer­bers in den Prozess, oben Vari­ante 2 und 3) und gegen die Annahme ein­er Prozess­stand­schaft (Fort­führung des Prozess­es durch den Veräusser­er, oben Vari­ante 1) entsch­ieden hat.