4A_256/2014: Anwendbares Recht auf eine allfällige Veräusserung einer Patentanmeldung nach IPRG 122; Abweichung von der Regelanknüpfung (amtl. Publ.)

Die vor­liegende Auseinan­der­set­zung betraf die Frage, welch­er von zwei Parteien drei Paten­tan­mel­dun­gen — wohl für das Nespres­so-Sys­tem — zuste­hen. Grund­lage war ein Tre­f­fen zwis­chen den Vertretern der bei­den Parteien in Hong Kong, bei dem nach Darstel­lung ein­er der Parteien jew­eils eine Anmel­dung jew­eils ein­er Partei zugeteilt wor­den war. Die Gegen­partei und Inhab­erin der strit­ti­gen Paten­tan­mel­dun­gen bestritt, dass beim fraglichen Tre­ffe über­haupt eine Vere­in­barung zus­tandegekom­men war.

Strit­tig war das anwend­bare Recht. Nach dem HGer BE als Vorin­stanz unter­ste­ht das Zus­tandekom­men eines Ver­trags der lex causae, die hier — ohne Rechtswahl — nach IPRG 117 zu bes­tim­men sei (eng­ster Zusam­men­hang). Der eng­ste Zusam­men­hang beste­he auf­grund des ter­ri­to­ri­alen Schutzbere­ichs der Paten­tan­mel­dun­gen mit der Schweiz, weil für alle drei Anmel­dun­gen Schutz auf dem Gebi­et der Schweiz beantragt werde, jedoch nur für zwei Anmel­dun­gen auch Schutz in Chi­na bzw. Hongkong. 

Dem wider­sprach die (poten­tiell über­tra­gende) Gegen­partei der Parteien: Da keine charak­ter­is­tis­che Leis­tung auszu­machen sei und kaum Indizien für die Wahl des anwend­baren Rechts ersichtlich seien, müsse auf den Ort abgestellt wer­den, an dem über mehrere Tage ver­han­delt wor­den sei, so dass das Recht von Hongkong anwend­bar sei.

Das BGer schützt die Beschw­erde im Ergeb­nis, wen auch nicht in der Begrün­dung. Anwend­bar sei das Recht von Hong Kong nach IPRG 122 als das Recht am Sitz der (bei Bejahung des Ver­trags) über­tra­gen­den Partei:

 2.4. Mit dem von den Parteien in Hongkong allen­falls abgeschlosse­nen Ver­trag sollte die Frage der Über­tra­gung von drei Paten­tan­mel­dun­gen geregelt wer­den, als deren Inhab­er jew­eils die Beschw­erdegeg­ner­in angegeben war. Paten­tan­mel­dun­gen stellen Imma­te­ri­al­güter­rechte i.S.v. Art. 122 IPRG dar. Da vor­liegend umstrit­ten ist, ob ein Ver­trag zwis­chen den Parteien zus­tande gekom­men ist und gegebe­nen­falls mit welchem Inhalt, ist das Ver­tragsstatut nach Art. 122 IPRG und nicht das Imma­te­ri­al­güter­statut nach Art. 110 IPRG anwend­bar. Anwend­bar ist mithin das Recht des Staates, in dem die Beschw­erdegeg­ner­in als die das Imma­te­ri­al­güter­recht allen­falls über­tra­gende Partei ihren Sitz hat. Die Beschw­erdegeg­ner­in hat und hat­te auch im Zeit­punkt des allfäl­li­gen Ver­tragss­chlusses ihren Sitz in Hongkong. Damit ist nach Art. 122 Abs. 1 IPRG das Recht von Hongkong anzuwen­den. Ein ein­deuti­gen­ger­er Zusam­men­hang des Ver­trags mit dem Schweiz­er Recht liegt nicht vor. Es kann damit offen­bleiben, ob für eine Abwe­ichung von der Anknüp­fung Art. 15 IPRG oder Art. 117 Abs. 1 IPRG mass­gebend wäre. 

Das BGer stellt sodann fest, dass kein ein­deutig enger­er Zusam­men­hang mit dem Schweiz­er Recht beste­he. Es kon­nte deshalb die strit­tige Frage offen­lassen, ob für eine Abwe­ichung von der Rege­lanknüp­fung nach IPRG 15 oder nach IPRG 117 I mass­gebend wäre.