6B_341/2009: Geringfügige Vermögensdelikte

In seinem Urteil vom 20. Juli 2009 (6B_341/2009) geht das Bun­des­gericht davon aus, dass die Priv­i­legierung ger­ingfügiger Ver­mö­gens­de­lik­te gemäss Art. 172ter Abs. 1 StGB grund­sät­zlich auch auf Fälle anwend­bar ist, in denen der Täter einen Dieb­stahl und einen Haus­friedens­bruch begeht.

Gemäss Abs. 2 der zitierten Bes­tim­mung gilt die Priv­i­legierung aus­drück­lich nicht bei qual­i­fiziertem Dieb­stahl (Art. 139 Ziff. 2 und 3 StGB), Raub und Erpres­sung. Ein qual­i­fiziert­er Dieb­stahl liegt vor, wenn der Täter gewerb­smäs­sig oder als Mit­glied ein­er Bande stiehlt, die sich zur fort­ge­set­zten Verübung von Raub oder Dieb­stahl zusam­menge­fun­den hat, wenn der Täter eine Schuss­waffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt oder wenn er sonst­wie durch die Art, wie er den Dieb­stahl bege­ht, seine beson­dere Gefährlichkeit offen­bart. Die Ein­schränkung im Sinne von Art. 172ter Abs. 2 StGB erk­lärt sich aus der Charak­ter­isierung der betr­e­f­fend­en Tatbestände als teil­weise zusam­menge­set­zte Delik­te, die auch das Rechtsgut der Frei­heit ver­let­zen. Dazu kommt, dass es sich hier fast nie um Bagatellde­lik­te han­delt[…]. Schle­icht oder bricht der Dieb, um an das Delik­tsgut zu gelan­gen, in ein Gebäude ein, so fällt sein Han­deln nach dem Wort­laut von Art. 172ter Abs. 2 StGB nicht unter die genan­nte Restrik­tion. Eben­so wenig fällt eine Priv­i­legierung per se auss­er Betra­cht, weil der Täter ver­schiedene Tatbestände erfüllt und sein Han­deln neben dem Ver­mö­gen auch das Rechtsgut der Frei­heit ver­let­zt. Seine Tat­en büssen in einem solchen Fall nicht stets den Charak­ter eines kleinen Ver­mö­gens­de­lik­ts ein, und es lässt sich mit Sinn und Zweck von Art. 172ter Abs. 1 StGB vere­in­baren, entsprechende Ver­mö­gens­de­lik­te als ger­ingfügig zu qual­i­fizieren. […] Im Übri­gen ist auch nicht ersichtlich, weshalb der­jenige, der sich — wie vor­liegend — unbefugt in eine Sportan­lage schle­icht, ohne eine Sachbeschädi­gung zu bege­hen, und dort einen ger­ingfügi­gen Dieb­stahl bege­ht, in Bezug auf das Ver­mö­gens­de­likt schlechter gestellt wer­den müsste, als der­jenige, der das­selbe Delikt in einem Laden bege­ht, den er berechtigter­weise betreten hat. Der Unwert bei­der Hand­lun­gen ist, soweit sie gegen das Ver­mö­gen gerichtet sind, vergleichbar.“

Das Gericht hält fern­er fest, dass die Priv­i­legierung im Sinne von Art. 172ter Abs. 1 StGB selb­st bei einem Ein­bruchdieb­stahl nicht per se aus­geschlossen sei. Es lässt allerd­ings – unter Ver­weis auf den Stre­it­stand in der Lit­er­atur – die Frage offen, ob in Fällen, in denen die Tat auf den Erwerb eines Ver­mö­genswerts unter Beschädi­gung von Sachen gerichtet ist bzw. die Beschädi­gung in Kauf genom­men wird, der Ver­mö­genswert und der Schaden zusam­men­zuzählen sind.