1B_313/2009: Vorzeitiger Massnahmeantritt

Das Bun­des­gericht hat mit Urteil vom 26. Novem­ber 2009 (1B_313/2009) eine Beschw­erde gut­ge­heis­sen, mit der die Gewährung eines vorzeit­i­gen sta­tionären Mass­nah­meantritts gemäss Art. 58 Abs. 1 StGB beantragt wor­den war. Die Vorin­stanz war davon aus­ge­gan­gen, dass der vorzeit­ige Mass­nah­meantritt die Frei­heit des Sachrichters ein­schränke und dessen Entscheid behindere. 

In Ein­klang mit sein­er bish­eri­gen Recht­sprechung (vgl. Urteile 1B_74/2009 vom 30. März 2009 E. 4.3; 1B_307/2008 vom 23. Dezem­ber 2008 E. 2.3 je m.w.H.) hält das Bun­des­gericht demge­genüber fest, dass der zuständi­gen Behörde bei der Entschei­dung, ob ein vorzeit­iger Mass­nah­meantritt bewil­ligt wird, ein Ermessensspiel­raum zukommt:

2.3 Wird der vorzeit­ige Mass­nah­meantritt bewil­ligt, bindet das den Sachrichter in rechtlich­er Hin­sicht nicht. Er bleibt frei, die vorzeit­ig ange­tretene Mass­nahme defin­i­tiv oder eine andere Mass­nahme anzuord­nen oder auf eine solche gän­zlich zu verzicht­en. Der vorzeit­ige Mass­nah­meantritt bindet den Sachrichter auch fak­tisch nicht so, dass er die vorzeit­ig ange­tretene Mass­nahme nur noch bestäti­gen kön­nte. Der vorzeit­ige Mass­nah­meantritt stellt für den Sachrichter vielmehr eine Entschei­dung­shil­fe dar. Hat sich die vorzeit­ig ange­tretene Mass­nahme bewährt, wird er diese in der Regel defin­i­tiv anord­nen. Hat sie sich dage­gen nicht bewährt, wird er von ihrer Anord­nung regelmäs­sig abse­hen. In jedem Falle kann der Sachrichter seinen Entscheid auf eine gesichert­ere Grund­lage stellen. Er ist nicht auf die Würdi­gung des Gutacht­ens beschränkt, son­dern kann Erfahrun­gen, die im vorzeit­i­gen Mass­nah­mevol­lzug gesam­melt wer­den kon­nten, berück­sichti­gen (BGE 126 I 172 E. 3a S. 174). Darin liegt ein wesentlich­er Vorteil dieses Rechtsinstituts. […]