5A_758/2008: Paulianische Anfechtung (amtl. Publ.)

 In einem weit­eren “Swis­sair-Entscheid” hat das Bun­des­gericht (5A_758/2008 vom 24. Feb­ru­ar 2010; zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­hen) kür­zlich fest­ge­hal­ten, dass (zumin­d­est bei mark­t­preisüblichen Zinssätzen, Erw. 5) Zin­szahlun­gen beim Dar­lehen grund­sät­zlich nicht mit­tels Absichtspau­liana (Art. 288 SchKG) anfecht­bar sind.

Das Bun­des­gericht verneinte (anders als das Han­dels­gericht des Kan­tons Zürich, Erw. 4) bzgl. der ange­focht­e­nen Zin­szahlung das Vor­liegen des objek­tiv­en Tatbe­standsmerk­mals der Gläu­biger­schädi­gung (Erw. 8). Vor­ab rief das Bun­des­gericht jedoch in Erin­nerung, dass es sich bei der Anfech­tungsklage um einen Aus­nah­metatbe­stand han­delt, der sein­er Natur nach restrik­tiv zu hand­haben ist (Erw. 2).

Hin­sichtlich des objek­tiv­en Tatbe­standsmerk­mals in Art. 288 SchKG hielt das Bun­des­gericht fest, dass grund­sät­zlich keine Gläu­biger­schädi­gung vor­liege wenn die anderen Gläu­biger auch bei richtigem Ver­hal­ten des Schuld­ners zum gle­ichen Ver­lust gekom­men wären sowie auch, 

wenn die ange­focht­ene Recht­shand­lung im Aus­tausch gle­ich­w­er­tiger Leis­tun­gen beste­ht (BGE 134 III 452 E. 3.1 S. 455; 135 III 276 E. 6.1.2 S. 280) (Erw. 3).

Das Bun­des­gericht sieht den ent­geltlichen Dar­lehensver­trag als einen unvol­lkom­men zwei­seit­i­gen Ver­trag an (im Gegen­satz zur wohl herrschen­den Lehre, die den ent­geltlichen Dar­lehensver­trag als vol­lkom­men zwei­seit­ig betra­chtet; Erw. 5). Mithin fehlt es mit Bezug auf das Ver­hält­nis zwis­chen Dar­lehen­shingabe und Dar­lehen­srück­zahlung am gegen­seit­i­gen Austauschelement.

Im Gegen­satz hierzu geht das Bun­des­gericht (wie auch die Lehre) mit Bezug auf das Ver­hält­nis zwis­chen Zin­szahlung und Aufrechter­hal­tung der Wertüber­las­sung von einem echt­en Synal­lag­ma aus. 

So oder anders ist der Zins das Ent­gelt und damit die — bei mark­t­preisüblichen Zinssätzen gle­ich­w­er­tige — Gegen­leis­tung für das Zurver­fü­gung­stellen von Kred­it. (Erw. 5).

Aus­ge­hend von dieser Qual­i­fika­tion der Recht­snatur von Zin­szahlun­gen und ihrer Einord­nung im Sys­tem des Ver­tragssy­nal­lag­mas (Erw. 6) sowie den ein­lei­t­en­den Bemerkun­gen zur restrik­tiv­en Hand­habung der Anfech­tungsklage (Erw. 2) kam das Bun­des­gericht zum Schluss, dass 

[…] der Zin­sen­di­enst zur gewöhn­lichen Geschäft­stätigkeit zu zählen [ist], welche dem Schuld­ner auch in einem schwieri­gen wirtschaftlichen Umfeld bzw. bei anges­pan­nter finanzieller Lage möglich sein muss […] (Erw. 6).

Indem sich die bun­des­gerichtliche Beurteilung auf den Zusam­men­hang zwis­chen regelmäs­sigem Zin­sen­di­enst und fort­ge­set­zter Wertüber­las­sung stützt (Erw. 6), ist hin­sichtlich ein­er allfäl­li­gen Absichtspau­liana davon auszuge­hen, dass die Entrich­tung eines Ein­malzins­es am Ende der Laufzeit oder die Begle­ichung über­fäl­liger Zin­sen mit Dar­lehen­srück­zahlung zu ein­er anderen Beurteilung durch das Bun­des­gericht geführt hätte:

Anders ver­hält es sich nur dort, wo erst am Ende der Laufzeit ein Ein­malzins zu entricht­en ist oder wo längst fäl­lige Zin­sen zusam­men mit der Rück­zahlung des Dar­lehens geleis­tet wer­den; hier dient die Zinsleis­tung nicht mehr dem weit­eren Zurver­fü­gung­stellen von Kred­it, weshalb sie in diesem speziellen Fall nicht als gle­ich­w­er­tige Gegen­leis­tung für die fort­ge­set­zte Gebrauch­süber­las­sung betra­chtet wer­den kann und fol­glich mit Bezug auf das Tatbe­standsmerk­mal der Gläu­biger­schädi­gung das Schick­sal der Dar­lehen­srück­zahlung teilen muss (Erw. 6).

Abschliessend betonte das Bun­des­gericht die entschei­dende Bedeu­tung des Umstands, dass keine Zins­machen­schaften (z.B. vorzeit­ige oder höhere Zahlun­gen) vor­la­gen (Erw. 6).

Siehe zu diesem Entscheid auch: