1C_322/2010: Öffentlichkeitsprinzip auch betr. Einstellungsverfügungen nach StGB 53; schutzwürdiges Interesse bejaht (amtl. Publ.)

Nach der Ein­stel­lung des Strafver­fahrens gegen den ehe­ma­li­gen Armeechef Roland Nef im Okto­ber 2007 ver­langten ver­schiedene Medi­en Ein­sicht in die Ein­stel­lungsver­fü­gung. Die Staat­san­waltschaft hat­te das Ersuchen gut­ge­heis­sen, die Ober­staat­san­waltschaft ZH dage­gen auf Rekurs von Nef abgewiesen. Das Ver­wGer ZH hiess die Beschw­erde der Medi­en gut. Das BGer weist die Beschw­erde dage­gen ab.

In BGE 134 I 286 hat­te das BGer das Öffentlichkeit­sprinzip, das sich u.a. aus BV 30 III ergibt, auf Ein­stel­lungs- und Nich­tan­hand­nah­mev­er­fü­gun­gen aus­gedehnt, allerd­ings nur auf solche, “bei welchen im Hin­blick auf eine gerichtliche Beurteilung mit gross­er Wahrschein­lichkeit ein Freis­pruch (man­gels Beweisen oder man­gels Straf­barkeit) erfol­gen würde.” Im vor­liegen­den Fall ging es um eine Ein­stel­lung nach StGB 53 (Straf­be­freiung wegen Wiedergut­machung). Hier muss, gemäss dem vor­liegen­den Urteil, das Öffentlichkeit­sprinzip erst recht gel­ten, denn hier anerken­nt die beschuldigte Per­son die Nor­mver­let­zung aus­drück­lich. Es liegt daher auf der Hand, dass schutzwürdi­ge Infor­ma­tion­sin­ter­essen Drit­ter beste­hen können.

Die Ein­sicht set­zt fern­er ein schutzwürdi­ges Infor­ma­tion­sin­ter­esse voraus. Ein solch­es ergab sich hier “ohne Weit­eres aus der Kon­troll­funk­tion der Medi­en”. Namentlich geht es um die Bedeu­tung des Strafver­fahrens gegen Nef in Zusam­men­hang mit dessen Wahl zum Armeechef und um die Überwachung der Jus­tiz und die Klärung der Hin­ter­gründe und Umstände der Ver­fahren­se­in­stel­lung gegenüber Nef als Per­son des öffentlichen Lebens. Zudem kon­nten wed­er die gewisse Ein­schränkung der Per­sön­lichkeit­srechte von Nef als öffentlich­er Per­son noch dessen Geheimhal­tungsin­ter­essen die Infor­ma­tion­sin­ter­essen der Medi­en aufzuwiegen. Die Ein­sicht war zudem ver­hält­nis­mäs­sig aus­ges­tat­tet (Schwärzun­gen).

Die Welt­woche hat die Ver­fü­gung in der Folge ins Netz gestellt.