5A_552/2014: Keine Akteneinsicht nach Art. 8a SchKG zwecks Beweismittelbeschaffung im Zivilprozess gegen die Konkursmasse (amtl. Publ.)

Im vor­liegen­den Urteil hat­te das Bun­des­gericht zu prüfen, ob eine Partei während eines hängi­gen Zivil­prozess­es gestützt auf Art. 8a SchKG die Akten ein­er Konkurs­masse, welche im Zivil­prozess ihre Gegen­partei ist, ein­se­hen kann. Dem Urteil lag fol­gen­der Sachver­halt zugrunde:

Die A. AG war Revi­sion­sstelle der B. AG. Über die B. AG wurde der Konkurs eröffnet. Später erhob die Konkurs­masse B. AG in Liq­ui­da­tion gegen die A. AG eine Ver­ant­wortlichkeit­sklage aus Revi­sion­shaf­tung. Im Zusam­men­hang mit diesem Prozess gelangte die A. AG an die Konkurs­masse und ver­langte Ein­sicht in die Konkur­sak­ten. Der ausser­amtliche Konkursver­wal­ter wies das Gesuch um Ein­sicht jedoch ab.

Die untere Auf­sichts­be­hörde in Schuld­be­trei­bungs- und Konkurssachen hiess eine Beschw­erde gegen diese Ver­fü­gung gut, wohinge­gen die obere kan­tonale Auf­sichts­be­hörde die Ver­fü­gung des ausser­amtlichen Konkursver­wal­ters – d.h. die Ver­weigerung der Ein­sicht in die Konkur­sak­ten – bestätigte. Die A. AG führte hierge­gen wiederum Beschw­erde in Zivil­sachen an das Bun­des­gericht und ver­langte Ein­sicht in die Konkursakten.

Das Bun­des­gericht hielt zunächst fest, dass die A. AG keine Gläu­bigerin im Konkurs der B. AG sei. Grund­sät­zlich gelte, dass sich die Ein­sicht in Urkun­den des öffentlichen Rechts nicht nach der ZPO, son­dern nach den mass­ge­blichen öffentlichrechtlichen Vorschriften bes­timme. Stre­it­frage sei, ob die A. AG wegen (oder trotz) des hängi­gen Zivil­prozess­es gestützt auf Art. 8a SchKG Ein­sicht in die Konkur­sak­ten, d.h. die Akten der Gegen­partei im hängi­gen Prozess, beanspruchen könne (E. 3).

Anschliessend erwog das Bun­des­gericht, dass wed­er der Wort­laut von Art. 8a SchKG noch von anderen Bes­tim­mungen des SchKG oder der ZPO die Anwend­barkeit des Rechts auf Aktenein­sicht gemäss Art. 8a SchKG bei hängigem Prozess auss­chliessen wür­den (E. 3.3). Danach set­zte sich das Bun­des­gericht ein­lässlich mit dem Zweck des Ein­sicht­srechts nach Art. 8a SchKG auseinander.

Schliesslich prüfte das Bun­des­gericht anhand der Funk­tion des Rechts auf Ein­sicht in die Konkur­sak­ten, ob ein schützenswertes Inter­esse der A. AG vor­liege, wenn sie mit der Konkurs­masse im Zivil­prozess ste­ht (E. 3.4). Es ver­wies zunächst auf kri­tis­che Stim­men, wonach die Beweis­lage des Klägers durch eine solche Aktenein­sicht im Ver­gle­ich zu anderen Forderung­sprozessen stark erle­ichtert werde. Im vor­liegen­den Fall, wo die A. AG ohne Gläu­biger­stel­lung und ohne gegen einen Drit­ten zu kla­gen der kla­gen­den Konkurs­masse im Zivil­prozess gegenüber­ste­he, sei eine Priv­i­legierung durch das Ein­sicht­srecht gemäss Art. 8a SchKG offen­sichtlich und unzumutbar:
„Während für die Konkurs­masse gegenüber der Beklagten [A. AG] die Edi­tion­sregeln der ZPO gel­ten, kön­nte diese als Gegen­partei ihre Unter­la­gen ein­se­hen.“ (E. 3.4.2)

Das Bun­des­gericht schützte daher die Auf­fas­sung der oberen Auf­sichts­be­hörde, wonach in der vor­liegen­den Kon­stel­la­tion einzig die Regeln der ZPO zur prozes­sualen Edi­tion anwend­bar seien. Die A. AG habe kein schützenswertes Inter­esse am Ein­sicht­srecht gemäss Art. 8a SchKG. Die Aktenein­sicht gestützt auf Art. 8a SchKG wurde dem­nach zu Recht ver­weigert und die Beschw­erde abgewiesen (E. 3.6 und E. 4).