6B_528/2010: Parteientschädigung

Nach einem Freis­pruch erhielt X. eine Entschädi­gung für ent­standene Prozes­sumtriebe und unbe­grün­dete Unter­suchung­shaft. Das Oberg­ericht ZG hat­te den vor­ge­tra­ge­nen Vertei­di­gungsaufwand allerd­ings von 1’179 auf 620 Stun­den erhe­blich gekürzt, weil das Hon­o­rar des Recht­san­waltes einen angemesse­nen Zeitaufwand über­steige (vgl. § 15 Abs. 1 AnwT/ZG). X erhob dage­gen Beschw­erde vor dem Bun­des­gericht, das die Höhe der vorin­stan­zlich zuge­sproch­enen Entschädi­gung (vgl. § 57 Abs. 1 StPO/ZG) mit Urteil vom 16. Sep­tem­ber 2010 (6B_528/2010) bestätigte.

Zur Beurteilung, ob der Aufwand des Vertei­di­gers in einem vernün­fti­gen Ver­hält­nis zur erbracht­en Leis­tung ste­ht (vgl. Urteil 6B_799/2007 vom 19. Juni 2008 E. 3.3.3), kann laut Bun­des­gericht auch ein Ver­gle­ich der Hon­o­rar­forderun­gen aller am Ver­fahren beteiligten Anwälte herange­zo­gen werden:

2.5.1 […] Erscheint der getätigte Aufwand in Anbe­tra­cht der sich im Strafver­fahren stel­len­den Prob­leme offen­sichtlich unver­hält­nis­mäs­sig, ist ein Ver­gle­ich mit dem Vertei­di­gungsaufwand der Mitbeschuldigten zuläs­sig. […] Gelangt das Gericht zur Überzeu­gung, die Vertei­di­ger mit dem tiefen Stun­de­naufwand seien ihren Pflicht­en als Strafvertei­di­ger vol­lum­fänglich nachgekom­men, während andere einen unver­hält­nis­mäs­si­gen und teil­weise unnöti­gen Aufwand betrieben, ist ein Hon­o­rarver­gle­ich auch unter diesen Umstän­den nicht willkür­lich. […] beispiel­sweise [lässt] der blosse Seit­enum­fang der Plä­doy­er­noti­zen nicht zwin­gend Rückschlüsse auf den für die Vor­bere­itung der Hauptver­hand­lung getätigten Aufwand zu[…], nach­dem weitschweifige Aus­führun­gen und Wieder­hol­un­gen nicht mit einem grossen Arbeit­saufwand ver­bun­den sein müssen, während umgekehrt die Vor­bere­itung eines bewusst kurz gefassten und auf das Wesentliche beschränk­ten Plä­doy­ers viel Zeit in Anspruch nehmen kann.

Für die konkrete Berech­nung des Vertei­di­ger­hono­rars ver­weist das Bun­des­gericht auf § 15 Abs. 2 AnwT, der einen Stun­de­nansatz von 180.– bis 300.– CHF vor­sieht, sowie auf § 2 AnwT, wonach die Hon­o­rare inner­halb der im Tarif fest­gelegten Gren­zen nach der Schwierigkeit des Fall­es sowie nach dem Umfang und der Art der angemesse­nen Bemühun­gen festzule­gen sind:

3.2 […] Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Beschw­erde­führers gilt dies auch für pri­vate Man­date mit einem vere­in­barten höheren Hon­o­raransatz (Urteile des Bun­des­gerichts 6B_30/2010 vom 1. Juni 2010 E. 5.4.2; 6B_497/2007 vom 13. Novem­ber 2007 E. 2.5.1). Die Entschädi­gung von Fr. 250.– pro Stunde ist im Ver­hält­nis zu den heute unter Strafvertei­di­gern im freien Dien­stleis­tungsverkehr prak­tizierten Ansätzen eher tief. Das Bun­des­gericht erachtete jedoch einen Stun­de­nansatz von Fr. 250.– in Fällen mit­tlerer Kom­plex­ität bzw. von Fr. 200.– oder Fr. 220.– in weniger kom­plex­en Ver­fahren auch in unlängst ergan­genen Entschei­den als mit dem Willkürver­bot vere­in­bar (vgl. Urteil 6B_30/2010 vom 1. Juni 2010 E. 5.4.2 und die dort zitierten Entschei­de). Die Entschädi­gung eines tief­er­en Stun­de­nansatzes als den mit dem pri­vat­en Vertei­di­ger vere­in­barten ver­stösst nicht gegen Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK, wenn auch ein Recht­san­walt mit einem durch­schnit­tlichen oder rel­a­tiv tiefen Stun­de­nansatz Gewähr für eine wirk­same Vertei­di­gung bietet (Urteil 6B_30/2010 vom 1. Juni 2010 E. 5.4.3).