6B_435/2010: Raufhandel (amtl. Publ.)

Im Urteil 6B_435/2010 vom 16. Dezem­ber 2010 (zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­hen) konkretisiert das Bun­des­gericht seine Recht­sprechung zum Straftatbe­stand des Raufhan­dels gemäss Art. 133 Abs. 1 StGB. Danach wird ein Stre­it zwis­chen zwei Per­so­n­en zum Raufhan­del, wenn ein Drit­ter tätlich eingreift.

Diese Prax­is präzisiert das Bun­des­gericht im Hin­blick auf den objek­tiv­en Tatbe­stand wie folgt:

4.3.1 […] dass auch der Aus­lös­er eines Raufhan­dels Beteiligter ist, wenn die unmit­tel­bare Abfolge der Vorkomm­nisse – ver­bale Auseinan­der­set­zung, Faustschlag, Ein­mis­chung weit­er­er Per­so­n­en – es gebi­etet, das Tat­geschehen als Ein­heit zu betra­cht­en. Uner­he­blich ist, dass die aktive Teil­nahme des Beschw­erde­führers vor der Beteili­gung ein­er drit­ten Per­son am Raufhan­del erfol­gte und er sich in der Folge nur noch pas­siv ver­hielt. Anders ist es, wenn sich das Tat­geschehen klar in mehrere Hand­lung­sein­heit­en unterteilen lässt (vgl. dazu BGE 106 IV 246 E. 3b). Eine solche Ausle­gung des Begriffs der Beteili­gung ste­ht mit dem Wort­laut und ins­beson­dere dem Sinn der Straf­bes­tim­mung in Ein­klang. Obgle­ich der Zweck der Norm darin liegt, Beweiss­chwierigkeit­en zu ver­mei­den […], kann dies nicht bedeuten, dass der­jenige, dem anlässlich ein­er tätlichen Auseinan­der­set­zung eine Tathand­lung klar zuge­ord­net wer­den kann, nicht – unter anderem – wegen Raufhan­dels zu bestrafen ist.

Hin­sichtlich des sub­jek­tiv­en Tatbe­standes hält das Bun­des­gericht fest:

4.2.3 […] Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, bet­rifft sog. innere Tat­sachen und ist damit Tat­frage. Rechts­frage ist hinge­gen, ob gestützt auf die fest­gestell­ten Tat­sachen Fahrläs­sigkeit, Even­tu­alvor­satz oder direk­ter Vor­satz gegeben ist (vgl. BGE 133 IV 9 E. 4.1 mit Hin­weisen). Fest­stel­lun­gen zum Sachver­halt prüft das Bun­des­gericht nur unter dem Gesicht­spunkt der Willkür (Art. 97 Abs. 1 BGG).


Das Bun­des­gericht bestätigt damit der Vorin­stanz, die den Beschw­erde­führer wegen Raufhan­dels verurteilt hat­te, weil er unmit­tel­bar zur Eskala­tion ein­er Auseinan­der­set­zung geführt und damit einen Teil davon gebildet habe: Er war zwar nur anfänglich durch einen Faustschlag gegen eine andere Per­son aktiv an der Schlägerei beteiligt und ver­hielt sich bei späterem Ein­greifen von weit­eren Per­so­n­en pas­siv. Aber der Tat­ablauf war in sach­lich­er, räum­lich­er und zeitlich­er Hin­sicht als Ein­heit zu betra­cht­en, nicht als zwei getren­nte Geschehens­abläufe, weshalb es sich um eine wech­sel­seit­ige Auseinan­der­set­zung von min­destens drei Per­so­n­en han­delte. Zudem habe der Beschw­erde­führer die Schlägerei bei dem Faustschlag während der hitzi­gen Diskus­sion in Kauf genom­men, weshalb zumin­d­est von Even­tu­alvor­satz auszuge­hen sei. Gegen diese vorin­stan­zliche Sachver­halts­fest­stel­lung habe er keine Willkür­rüge erhoben, weshalb sein Vor­brin­gen insoweit nicht gehört wurde.