6B_316/2015: Geschädigtenstellung bei abstrakten Gefährdungsdelikten (amtl. Publ.)

Die Eigen­schaft als Geschädigter eines abstrak­ten Gefährdungs­de­lik­ts, im konkreten Fall eines Raufhan­dels, ist erneut Gegen­stand eines für die amtliche Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteils des Bun­des­gerichts, mit dem es seine bish­erige Recht­sprechung bestätigt.

Beim Raufhan­del im Sinne von Art. 133 StGB han­delt es sich um ein abstrak­tes Gefährdungs­de­likt, obschon ein Erfolg ein­treten muss. Dieser Ver­let­zungser­folg ist objek­tive Straf­barkeits­be­din­gung. Bei den abstrak­ten Gefährdungs­de­lik­ten gibt es keine Geschädigten im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO, es sei denn, jemand werde als Folge der Bege­hung eines solchen Delik­ts konkret gefährdet (BGE 138 IV 258 E. 3.1.2 S. 265 mit Hin­weisen). Der Tatbe­stand des Raufhan­dels schützt primär das öffentliche Inter­esse, Schlägereien (unter min­destens drei Beteiligten) zu ver­hin­dern. In zweit­er Lin­ie schützt Art. 133 StGB das Indi­vid­u­al­in­ter­esse der Opfer von solchen Schlägereien.

Im vor­liegen­den Fall war die Vorin­stanz auf eine Beschw­erde gegen eine Ein­stel­lungsver­fü­gung nicht einge­treten, weil sie die Eigen­schaft des Beschw­erde­führers als Geschädigter im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO verneint hat­te. Der Beschw­erde­führer wurde nach sein­er Darstel­lung durch die Auseinan­der­set­zung mit zwei anderen Beteiligten ver­let­zt bzw. zumin­d­est konkret gefährdet. Diese behauptete Beein­träch­ti­gung erfol­gte direkt durch die tätliche Auseinan­der­set­zung ohne das Hinzutreten weit­er­er Ele­mente und war unmit­tel­bare Folge des fraglichen Raufhandels.

Der Beschw­erde­führer fällt mithin als unmit­tel­bar Betrof­fen­er unter den Schutzbere­ich der ver­let­zten Strafnorm (Art. 133 StGB). Er ist eine geschädigte Per­son in Bezug auf die von ihm vorge­brachte Ver­let­zung bzw. Gefährdung der kör­per­lichen Integrität, da er Träger des Rechtsgutes ist, welch­es durch die den Raufhan­del sank­tion­ierende Straf­bes­tim­mung mit­geschützt wird.

Das Bun­des­gericht erachtet die Rüge des Geschädigten als begrün­det und weist die Sache zur neuen Entschei­dung an die Vorin­stanz zurück mit der Vor­gabe, auf seine Beschw­erde gegen die Ein­stel­lungsver­fü­gung einzutreten.