6B_127/2011: Verfahrenskosten bei Sicherheitsleistung

Ein Beschw­erde­führer, der gegen die vorin­stan­zliche Kosten­ver­legung vorge­gan­gen war, ist vor dem Bun­des­gericht erfol­gre­ich (Urteil 6B_127/2011 vom 5. Sep­tem­ber 2011). Es hebt das ange­focht­ene Urteil im Kosten- und Entschädi­gungspunkt auf und weist die Sache zur Neuentschei­dung an die Vorin­stanz zurück.

Nach den im BGE 84 I 13 dargelegten Kosten­grund­sätze kann bei Offizialde­lik­ten der Geschädigte oder Strafk­läger nur zur Kostenüber­nahme verpflichtet wer­den, wenn er das Ver­fahren ver­an­lasst oder wesentlich erschw­ert hat. Die Vorin­stanz stimmte diesen Aus­führun­gen im Grund­satz zu, ver­wies aber darauf, dass der ein­deutige Wort­laut des Geset­zes nicht auss­er Acht gelassen wer­den dürfe. Sie entsch­ied, dass der Geschädigte nach Art. 243 Abs. 2 StPO/AR im Falle eines Freis­pruchs ohne Ein­schränkun­gen für die Unter­suchungs- und Gericht­skosten hafte, wenn eine Sicher­heit­sleis­tung ver­langt wor­den ist. Zudem seien die im konkreten Einzelfall in Frage ste­hen­den Inter­essen und Umstände zu beachten.

Die Rüge dage­gen vorge­brachte Rüge der unzuläs­si­gen Prax­isän­derung bzw. der Ver­let­zung des Ver­trauensgrund­satzes hält das Bun­des­gericht für unbegründet:

2.6 […] Die Staat­san­waltschaft hielt im Anschluss an den Entscheid des Oberg­erichts […] fest, unter dem Ein­druck dieses Urteils sei bei Offizialde­lik­ten hin­sichtlich der Möglichkeit der Bevorschus­sung Zurück­hal­tung aus­geübt wor­den. Die Staat­san­waltschaft habe jedoch die Vorschusspflicht nicht grund­sät­zlich aus­geschlossen, son­dern im Einzelfall die in Frage ste­hen­den Inter­essen abge­wogen und sich unter anderem am ver­let­zten Rechtsgut und am Gewicht der pri­vat­en Vorteile, welche der Geschädigte mit sein­er Beteili­gung am Strafver­fahren anstrebe, ori­en­tiert […]. Nach dem Gesagten ist eine gefes­tigte Prax­is wed­er ersichtlich noch vom Beschw­erde­führer dar­ge­tan. Zudem wurde der Beschw­erde­führer in der Ver­fü­gung der Sicher­heit­sleis­tung auf die Kon­se­quen­zen des Kosten­vorschuss­es aufmerk­sam gemacht. Gegen diese Ver­fü­gung reichte er keinen Rekurs ein […]. Bei dieser Sach­lage kon­nte er nicht in guten Treuen darauf ver­trauen, trotz Leis­tung des Kosten­vorschuss­es kein Kosten­risiko zu tragen.

Die Rüge, die Koste­nau­flage und Entschädi­gungsregelung basiere auf ein­er offen­sichtlich unrichti­gen Fest­stel­lung des Sachver­halts und stelle eine willkür­liche Recht­san­wen­dung dar, erweist sich hinge­gen als begründet:

2.7 […] Die vorin­stan­zliche Fest­stel­lung, wonach es sich im vor­liegen­den Ver­fahren um eine vor­wiegend zivil­rechtlich geprägte Auseinan­der­set­zung han­dle, ist offen­sichtlich unhalt­bar. […] Die Vorin­stanz legt wed­er dar noch ist ersichtlich, welche finanziellen Inter­essen der Beschw­erde­führer im Strafver­fahren ver­fol­gen kön­nte. Zudem wen­det der Beschw­erde­führer zu Recht ein, dass der Tatbe­stand des Betrugs wie die meis­ten Delik­te gegen All­ge­mein­in­ter­essen Ver­mö­gensin­ter­essen (mit-)schützt (BGE 133 IV 256 E. 4.3.3 S. 262 mit Hin­weis). Unbe­strit­ten ist, dass der Beschw­erde­führer das Ver­fahren nicht durch ver­w­er­flich­es oder unko­r­rek­tes Ver­hal­ten ver­an­lasst hat. Es ist nicht nachvol­lziehbar, inwiefern er das Ver­fahren ohne Not erschw­ert haben soll. Er erhob im Jahre 2001 Strafk­lage, wobei die anschliessende Unter­suchung und Bewe­is­führung dem Staat oblag. Somit trifft ihn kein prozes­suales Ver­schulden an der Beweis­losigkeit des Betrugs. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass er im Zivil­ver­fahren keine vor­sor­gliche Beweis­sicherung beantragte.