4A_301/2011: Aktivlegitimation der paritätischen Berufskommission für Konventionalstrafe nach LNV 2006 offengelassen (amtl. Publ.)

Das BGer hat in einem Urteil zum Lan­des­man­telver­trag für das Bauhaupt­gewerbe (LMV 2006; im Urteil als LMV 2005 beze­ich­net) die Frage let­ztlich offen­ge­lassen, ob es zuläs­sig ist, den Anspruch auf die Kon­ven­tion­al­strafe an die par­itätis­che Beruf­skom­mis­sion abzutreten oder ihr zumin­d­est das Recht einzuräu­men, diesen im Rah­men ein­er Prozess­stand­schaft im eige­nen Namen gerichtlich durchzuset­zen. Strit­tig war die Aktivle­git­i­ma­tion ein­er par­itätis­chen Beruf­skom­mis­sion, die im eige­nen Namen auf Zahlung ein­er Kon­ven­tion­al­strafe nach LMV 2005/6 geklagt hat­te. Das BGer weist die Beru­fung des Beschw­erde­führers ab.

LMV 2005/6 sieht in Art 3 lit. a vor, dass die lokale par­itätis­che Beruf­skom­mis­sion die arbeitsver­traglichen Bes­tim­mungen des LMV “auf­trags und namens der LMV-Ver­tragsparteien” durch­set­zt. Eine davon abwe­ichende Bes­tim­mung müsste — als Aus­nah­mebes­tim­mung — ein­deutig sein. Das fehlte hier; die Beruf­skom­mis­sion kon­nte also eigentlich nur in frem­dem Namen handeln.

Das BGer weist die Beru­fung trotz­dem mit fol­gen­den Fest­stel­lun­gen ab: 

Die Frage braucht indessen nicht abschliessend behan­delt zu wer­den. Aus Art. 79 Abs. 5 LMV/2005 geht aus­drück­lich her­vor, dass die Kon­ven­tion­al­strafe an die par­itätis­che Beruf­skom­mis­sion, also die Beschw­erdegeg­ner­in zu bezahlen ist. […] Gestützt auf die erteil­ten Voll­macht­en müssen sich die Ver­tragsparteien des LMV das Ver­hal­ten der Beschw­erdegeg­ner­in ent­ge­gen hal­ten lassen. Daher kön­nten sie, auch wenn die Beschw­erdegeg­ner­in zu Unrecht im eige­nen Namen geklagt haben sollte, vom Beschw­erde­führer nicht nochmals Zahlung ver­lan­gen. […] Ob die Kon­ven­tion­al­strafe als eigen­er Anspruch der Beschw­erdegeg­ner­in ange­se­hen wird oder nicht, ändert nichts daran, dass der Beschw­erde­führer an diese leis­ten muss und durch die Leis­tung befre­it wird. Der Beschw­erde­führer zeigt nicht auf, inwiefern er unter diesen Umstän­den ein schützenswertes Inter­esse an der Klärung der Frage hat, ob der Anspruch formell auf die Beschw­erdegeg­ner­in überge­gan­gen ist. Es kann ihm gle­ichgültig sein, wem der Anspruch im Ver­hält­nis der lokalen par­itätis­chen Beruf­skom­mis­sion zu den Ver­tragsparteien des LMV zuste­ht. Selb­st wenn die Beschw­erdegeg­ner­in formell im Namen der LMV-Ver­tragspart­ner hätte kla­gen müssen, erweist sich die Ein­wen­dung des Beschw­erde­führers als blosse Schikane, um sich der in jedem Fall gegenüber der Beschw­erdegeg­ner­in zu erbrin­gen­den Zahlung zu entziehen. Dieses Ver­hal­ten ver­di­ent keinen Rechtsschutz.”