2C_272/2011: An Einzelunternehmen des Alleinaktionärs bezahlte Provision weder ungültig noch geldwerte Leistung (“Ertragsverzicht”)

Z. war Alleinak­tionär und einzelze­ich­nungs­berechtigter VR der X. AG, deren Zweck der Erwerb, die Ver­wal­tung und Veräusserung von Immo­bilien war. Daneben betrieb Z. ein Einzelun­ternehmen, das sich mit der Ver­mit­tlung von Grund­stück­en befasst. Die X. AG ging mit dem Einzelun­ternehmen einen “Immo­bilien-Ver­mit­tlungsver­trag” ein, wonach sich das Einzelun­ternehmen zu Ver­mit­tlung oder Nach­weis eines Käufers für eine bes­timmte Parzelle verpflichtete (Min­dest­preis CHF 3.5 Mio.). In der Folge kon­nte die Parzelle zu einem Preis von CHF 4 Mio. verkauft wer­den, was zu ein­er Pro­vi­sion von CHF 150’000 (+ MWSt von CHF 11’400) führte. Verkauf­ser­lös und Hon­o­rar wur­den ord­nungs­gemäss verbucht.

Das Steuer­amt erblick­te in der Ver­mit­tlung­spro­vi­sion eine geld­w­erte Leis­tung an den Alleinak­tionär und berichtigte den steuer­baren Reingewinn sowie das steuer­bare Eigenkap­i­tal der X. AG. Die dage­gen erhobene Beschw­erde der X. AG wurde vom Ver­wal­tungs­gericht Aar­gau gut­ge­heis­sen. Dage­gen wiederum erhob das Steuer­amt des Kan­tons Aar­gau Beschw­erde beim Bun­des­gericht, das diese abwies.

Das Bun­des­gericht hielt im Entscheid unter anderem fest, dass auch bei Geschäften zwis­chen ein­er Gesellschaft und ihrem Alleinaktionär 

vom Grund­satz der Gestal­tungs­frei­heit der steuerpflichti­gen Per­son auszuge­hen ist. Sind die Schranken, bei deren Über­schre­it­en die Steuer­be­hörde zwin­gend ein­schre­it­en muss, nicht klar­erweise tang­iert, bleibt es dabei, dass die Steuer­be­hörde ihr eigenes Ermessen nicht an die Stelle jenes des Geschäfts­führers zu set­zen hat. Dementsprechend darf auch das Gericht nur mit Zurück­hal­tung in den erhe­blichen Ermessensspiel­raum ein­greifen, der dem Unternehmen zukommt.

Allerd­ings ergibt sich bei Verträ­gen zwis­chen Aktionären und der Aktienge­sellschaft die beson­dere Kon­stel­la­tion, dass eine beteili­gungsrechtliche und eine schul­drechtliche Verbindung zusam­men kom­men und, sofern der Aktionär zudem als Ver­wal­tungsrat amtet, auch noch ein man­dat­sähn­lich­er Anknüpfungspunkt.

E. 4.2.1 Mit Blick auf mögliche Inter­essenkol­li­sio­nen lässt die bun­des­gerichtliche Prax­is gefahren­geneigte Ver­hal­tensweisen wie die Dop­pelvertre­tung, das Selb­stkon­trahieren oder Insichgeschäfte nur zurück­hal­tend zu. Als Regel ist gar von der Ungültigkeit des Rechts­geschäfts auszuge­hen, es sei denn, die Gefahr ein­er Benachteili­gung des Vertrete­nen sei “nach der Natur des Geschäftes” aus­geschlossen oder der Vertretene habe den Vertreter beson­ders ermächtigt oder das Geschäft nachträglich genehmigt. Nichts anderes gilt für die geset­zliche Vertre­tung juris­tis­ch­er Per­so­n­en durch deren Organe.
Der Ein­tritt der Ungültigkeit von Rechts­geschäften, die unter einem Inter­essenkon­flikt zus­tande kamen, soll nach Prax­is und Dok­trin dem Schutz der Aktienge­sellschaft dienen. Drit­ten ste­hen die ein­schlägi­gen Rechts­be­helfe (pau­lian­is­che Anfech­tungsklage gemäss SchKG 285 ff., Ver­ant­wortlichkeit­sklage nach OR 754) zur Ver­fü­gung, sodass ihnen gegenüber kein Schutzbedürf­nis beste­ht. Fol­gerichtig wird die Ungültigkeit­sregel zurückge­drängt, soweit es sich um eine Ein­per­so­n­enge­sellschaft han­delt (BGE 126 III 361 E. 5a S. 366 f.). Hier deck­en sich die bei­der­seit­i­gen Inter­essen­sphären (so schon BGE 50 II 168 E. 5 S. 183 f.).

Vor­liegend ergab sich zudem aus den Umstän­den, dass das Ver­mit­tlungs­geschäft ausser­halb der tatäch­lich aus­geübten Geschäft­stätigkeit der X. AG lag und damit ger­ade nicht ein Geschäft war, das “sein­er Natur nach” der AG zuge­s­tanden hätte. Zudem wäre die X. AG fak­tisch nicht in der Lage gewe­sen, aus eigen­er Kraft einen Käufer zu find­en, weshalb sich auch aus diesem Grund die Eigen­in­ter­essen des VR und Drit­tin­ter­essen der AG im Ein­klang befanden.

Eine geld­w­erte Leis­tung lag im auch nicht vor, weil die Kon­di­tio­nen des Ver­mit­tlungsver­trags im Rah­men des üblichen lagen und die Ver­mit­tlung­spro­vi­sion nicht zu bean­standen war.